1. Das Kreditsicherungsrecht (Teil des Bürgerlichen Rechts)
Bürgschaft, Sicherungseigentum, Garantie, Hypothek. Dies sind zentrale Begriffe, mit denen sich das Kreditsicherungsrecht beschäftigt. Es geht in dieser Vorlesung um die Frage, wie man einen Kredit (Darlehen), also das Zurverfügungstellen von Kaufkraft, absichern kann. Für die Wirtschaft, aber auch den Privatmann, ist diese Frage von zentraler Bedeutung. Die Sicherheiten werden in einzelne Kategorien geordnet: Es gibt Personal- sowie Realsicherheiten, akzessorische und nicht akzessorische, gesetzliche und nicht gesetzliche. Vor- und Nachteile der jeweiligen Sicherungsmethoden werden besprochen.
Das Kreditsicherungsrecht ist ein Rechtsgebiet mit vielen Schnittstellen aus anderen Rechtsgebieten: So sind gute Kenntnisse des Sachen- und Schuldrechts erforderlich, um dem Stoff der Vorlesung folgen zu können. Andererseits werden auch zentrale Problemstellungen dieser Rechtsgebiete wiederholt und tauchen in Fragestellungen des Kreditsicherungsrechts wieder auf. Das Fach dient also auch zur Überprüfung und Vertiefung des sachen- und schuldrechtlichen Wissens. Beispiele sind der Eigentumsvorbehalt und die Grundpfandrechte. Bereits im Sachenrecht werden diese besprochen und dann im Kreditsicherungsrecht wieder aufgegriffen; denn diese Institute stellen die in der Praxis bedeutsamen Sicherungsmöglichkeiten für Kredite dar.
2. Das Staats- und Verfassungsrecht
Man unterscheidet das allgemeine und das besondere Staatsrecht.
Das allgemeine Staatsrecht
Es behandelt ganz generell den Begriff, die Entstehung, die Formen und den Untergang von Staaten. Das besondere Staatsrecht behandelt demgegenüber die speziellen Rechtsnormen eines bestimmten Staates. Das besondere Staatsrecht ist Verfassungsrecht, bei uns „Grundgesetzrecht“, weil unsere Verfassung nun einmal Grundgesetz und nicht Verfassung genannt wird. Die Verfassung ist die rechtliche Ordnung unseres Staates und enthält die für einen modernen Staat notwendigen Essenzialien, nämlich den Grundsatz der Volkssouveränität, die Gewaltenteilung, den Grundsatz, dass sich alles staatliche Handeln auf Gesetze stützen muss und die Anerkennung von Freiheits- und Menschenrechten, vorrangig Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit (Solidarität). Die Verfassung ist aber nicht nur der Rahmen für die Grundrechte, die Organisation des Staates und seine materiellen Voraussetzungen, sondern bestimmt auch, wohin die Reise in unserem Land politisch, ökonomisch, sozial, ökologisch, im Zivil-, Straf- und Verwaltungsrecht geht. Für jeden Jurastudenten sollte dieses Fach von höchstem Interesse sein!
Das besondere Staatsrecht teilt sich grob in vier Bereiche:
●● Staatsrecht I: Grundrechte
Das Fach Staatsrecht I beinhaltet die Artikel 1-19 des Grundgesetzes, die sogenannten Grundrechte. In der Klausur wird es meist um die Prüfung einer Verfassungsbeschwerde gehen. Daher werden die Grundrechte und auch andere grundrechtsgleiche Rechte anhand des Prüfungsschemas der Verfassungsbeschwerde besprochen und in Fällen verdeutlicht. Dabei gehen die Dozenten sowohl auf den persönlichen und sachlichen Anwendungsbereich der Grundrechte als auch auf ihre Einschränkungen und Grenzen ein. Die Grundrechte sind von zentraler Bedeutung, da sie die Grundlage für alle Rechte des Bürgers vor dem Staat darstellen. Sie sind außerdem notwendig für das Verständnis des gesamten Jurastudiums, insbesondere des öffentlichen Rechts. In der Veranstaltung werden elementare Denkweisen für das Studium vermittelt, so zum Beispiel, wie die Einschränkung eines Grundrechts durch den Staat über den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gerechtfertigt werden kann. Die Studenten machen sich mit den allgemeinen Grundrechtslehren vertraut und bekommen dadurch ein größeres Verständnis für die eigene Stellung in der Verfassungsordnung. Dabei wird auch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zugrunde gelegt. Insgesamt bieten die Grundrechte viel Raum für kritische Betrachtung und Diskussion. Das macht die Veranstaltung so wichtig und interessant, vor allem für Studenten des ersten Semesters, die sich in das Jurastudium zunächst einmal einfinden müssen.
●● Staatsrecht II: Staatsorganisationsrecht
In Staatsrecht II lernen Sie den Aufbau und die Funktion des deutschen Staates und seiner Staatsorgane kennen. Das Staatsorganisationsrecht regelt die Verteilung politischer Macht. Hier sind vor allem die Strukturbestimmungen des Art. 20 GG, wie Demokratieprinzip, Förderalismus oder Rechts- oder Sozialstaatsprinzip, von wesentlicher Bedeutung und begleiten die Studenten durch die gesamte Vorlesung. Den Studierenden wird ein Überblick darüber gegeben, welches Organ welche Aufgaben und Funktionen im Staat übernimmt. So wird ihnen jedes Staatsorgan einzeln vorgestellt und dabei erläutert, welche Rechte und Pflichten es im Staat hat. Außerdem wird unter Anderem das Bundesgesetzgebungsverfahren durchgesprochen und es werden die einzelnen Verfahrensarten vor dem Bundesverfassungsgericht dargestellt.
●● Verfassungsprozessrecht
Mit den Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht werden Sie sich genauer in der Vorlesung Verfassungsprozessrecht beschäftigen. Dies betrifft zunächst die in Art. 93 GG aufgezählten Verfahrensarten und dort speziell die Verfassungsbeschwerde, mit der vor dem Bundesverfassungsgericht Grundrechtsverletzungen gerügt werden können und die in der Praxis mit Abstand das bedeutendste Verfahren darstellt. In der Vorlesung „Grundrechte“ haben Sie hauptsächlich die materielle Seite der Grundrechte kennen gelernt, also ob eine Grundrechtsverletzung vorliegt. In der Vorlesung Verfassungsprozessrecht geht es nun um prozessuale Fragen. Daneben lernen Sie noch einige weitere Verfahren kennen, so unter anderen das Organstreitverfahren, das abstrakte Normenkontrollverfahren und den Bund-Länder-Streit, in welchen sich oberste Bundesorgane bzw. ein Bundesland mit dem Bund über die Kompetenz und Reichweiten ihrer grundrechtlichen Rechte und Pflichten streiten. Darüber hinaus wird es um die in der Praxis ebenfalls bedeutsame konkrete Normenkontrolle gehen, mit welcher ein Richter eine Norm auf ihre Vereinbarkeit mit der Verfassung überprüfen lassen kann. In der Klausur können alle in Art. 93 Abs. 1 GG genannten Verfahren abgeprüft werden, am wichtigsten sind aber meist das Organstreitverfahren und die abstrakte Normenkontrolle. Anhand dieser Verfahren kann dann in der Klausur eine inzidente Prüfung des Gesetzgebungsverfahrens oder Ähnliches vorkommen. Zusammenfassend bietet auch diese Vorlesung ausreichend, vor allem politischen, Diskussionsstoff und ist für das Verständnis des deutschen Staates essenziell.
●● Staatsrecht mit Europarecht und Bezügen zum Völkerrecht
Die Vorlesung behandelt die Bezüge des Grundgesetzes zum Völker- und Europarecht
sowie die Grundstrukturen des Europarechts (insb. Rechtsquellen, Institutionen, Grundfreiheiten), deren Kenntnis zum Pflichtstoff der Ersten Juristischen Prüfung gehört. Dargestellt werden insbesondere die völker- und europarechtlichen Integrationsnormen des Grundgesetzes, die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen für die Mitgliedschaft und Mitarbeit Deutschlands in internationalen Organisationen (z.B. Vereinte Nationen) und die Europäische Union. Am Ende des Semesters wird eine Abschlussklausur angeboten.
3. Das Arbeitsrecht
„Ich habe auf der Arbeit einen Pfandzettel entwendet. Kann mir gekündigt werden? Habe ich Anspruch auf ein Praktikumszeugnis? Kann mein Arbeitgeber mir nach längerer Krankheit kündigen? Muss der Arbeitgeber wissen, dass ich vorbestraft bin?“ – Solche – und unzählige andere – arbeitsrechtliche Fragen stehen im Mittelpunkt des Grundkurses Arbeitsrecht. Die Vorlesung behandelt im Schwerpunkt das Individualarbeitsrecht, das vor allem die Begründung, den Inhalt und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen umfasst. In Grundzügen werden ferner Aspekte des Kollektivarbeitsrechts (Betriebsverfassungs- und Tarifrecht) und die europarechtlichen und verfassungsrechtlichen Bezüge des Arbeitsrechts behandelt. Der Grundkurs Arbeitsrecht vermittelt das Grundlagenwissen für den Pflichtfachbereich Zivilrecht, es wird aber auch auf aktuelle examensrelevante Themenstellungen eingegangen. Nach drei Vierteln des Semesters wird eine Klausur im Rahmen der Zwischenprüfung angeboten.
4. Das Zivilprozessrecht
Im Zivilprozess wird das materielle Recht in die Praxis umgesetzt. Für den berufstätigen Juristen, insbesondere für den Anwalt und den Richter, sind solide Kenntnisse des Prozessrechts unerlässlich. Auch in der ersten juristischen Staatsprüfung ist die Materie von immer größerer Bedeutung, zumal zivilprozessuale Fragestellungen auf vielfältige Weise mit materiell-rechtlichen Problemen verknüpft sind. Gegenstand des Grundkurses ZPO bildet das sog. Erkenntnisverfahren, also das Verfahren, in dem der Richter auf der Basis des Parteivorbringens zu einer abschließenden Entscheidung – die „Erkenntnis“ – gelangt. Im Anschluss daran werden Grundzüge des Zwangsvollstreckungsrechts besprochen. Die Vorlesung vermittelt das grundlegende Wissen zum Ablauf eines Zivilprozesses und fördert damit zugleich das Verständnis anderer Verfahrensordnungen. Ziel der Veranstaltung ist es, die Studenten zur Lösung verfahrensrechtlicher Probleme in der Fallbearbeitung zu befähigen. Vorausgesetzt werden Grundkenntnisse des Bürgerlichen Rechts.
5. Das Handelsrecht
Den ersten Teil dieser Vorlesung bildet das allgemeine Handelsrecht. Das Handelsrecht ist das Sonderrecht der Kaufleute. Im Vergleich zu Ottonormal-Bürgern haben Kaufleute im Privatrecht strenge Pflichten. So können sie beispielsweise Mängelgewährleistungsrechte, wie sie uns aus dem Kaufrecht bekannt sind, nur geltend machen, wenn sie den Mangel unverzüglich nach Erhalt der Ware rügen. Das Schweigen auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben ist eventuell schon aus BGB AT bekannt. Diese und weitere Fragen, und natürlich auch die Klärung, wer überhaupt Kaufmann ist, bilden die erste Hälfte der Vorlesung.
Die zweite Hälfte befasst sich mit dem Gesellschaftsrecht. Dieses gliedert sich in das Personen- und das Kapitalgesellschaftsrecht. Das Kapitalgesellschaftsrecht – insbesondere das Recht der AG und der GmbH – wird, obwohl in der Praxis mit Abstand am wichtigsten, in der universitären Lehre nur am Rande thematisiert. Stattdessen befasst sich die Vorlesung mit dem Recht der Handelsgesellschaften (OHG und KG) sowie dem Recht der Gesellschaft bürgerlichen Rechts.
6. Das Internationale Privatrecht
Der Grundkurs gibt einen Überblick über die Grundstrukturen und Grundlagen des Internationalen Privatrechts. Da es immer wieder Sachverhalte gibt, die einen Bezug zum Ausland haben, ist dieser Grundkurs sehr fallorientiert gestaltet. Anhand von Fällen werden hier die Probleme des Allgemeinen Teils des EGBGB (Einführungsgesetz zum BGB), des internationalen Schuldrechts, des internationalen Sachenrechts sowie des Familien- und Erbrechts behandelt. Die Gesetzestextgrundlagen sind insbesondere das EGBGB sowie die Rom I und Rom II Verordnung. Durch die ständigen Änderungen im EU-Recht werden in der Vorlesung immer wieder aktuelle Themen besprochen. In dem Grundkurs wird der Weg vom Sachverhalt mit Auslandsberührung zum Ergebnis bzgl. des anwendbaren Rechts beigebracht. Dadurch ist die Prüfung der Fälle des Grundkurses oftmals damit beendet, dass festgestellt wird, welches Recht anwendbar ist. Wenn der allen Lehrbüchern bekannte englische Grandfather Sir Henry Melcome in Palma de Mallorca schuldlos in das Auto des Schweizer Autofahrers Wilhelm Tell läuft, der in Köln auf der Neusser Landstraße 111 wohnt und gegen den Sir Henry in Köln klagt, so entscheidet das Kölner Landgericht, ob Sir Henry nach englischem, spanischem, schweizerischem Recht oder dem deutschen BGB die eingeklagten 10.000 € Schadenersatz bekommt. Das Landgericht entscheidet die Frage nach bestimmten Paragraphen des EGBGB.
Der Grundkurs dient des Weiteren als Vorbereitung auf den Schwerpunkt Internationales Privat-, Wirtschafts- und Verfahrensrecht. Die Basics des deutschen Schuldrechts und Sachenrechts sollten beherrscht werden. Kenntnisse im Familien- und Erbrecht werden nicht vorausgesetzt.
7. Die Römische Rechtsgeschichte
Diese Vorlesung befasst sich mit dem bürgerlichen Recht des „alten Rom“, das von dort ausgehend in Deutschland weit verbreitet war und galt. Das heutige BGB ist sehr stark vom römischen Recht geprägt. Und so ist es teilweise sehr ratsam, etwas über das römische Recht zu wissen. Dabei orientieren sich die Studenten vornehmlich an den Institutionen Iustinians, dem ersten Teil des von Kaiser Iustinian in Auftrag gegebenen Corpus Iuris Civilis, welches 533 n.Chr. zunächst als Lehrbuch für Studenten veröffentlicht wurde und dann Gesetzeskraft entfaltete. In der Veranstaltung wird parallel das „alte“ römische Recht mit dem heutigen deutschen verglichen. Die Studenten verfolgen die Entwicklung des römischen Rechts und stoßen dabei auf viele Gemeinsamkeiten. Daneben werden viele schon damals in Rom relevante und immer wiederkehrende Fälle und Probleme erörtert und diskutiert. Dabei ist es für die Studierenden teilweise erstaunlich, wie viele Begriffe und Strukturen des römischen Rechts noch heute das geltende bürgerliche Recht, nicht nur Deutschlands, prägen. Insgesamt ist die Vorlesung sehr hilfreich, um die Entwicklung des bürgerlichen Rechts in Deutschland zu verstehen.
8. Die Deutsche Rechtsgeschichte
In der Grundlagenveranstaltung „Deutsche Rechtsgeschichte“ bekommen die Studenten einen Einblick in die Entwicklung des Rechts auf dem Gebiet des heutigen Deutschland von der Spätantike bis zur deutschen Wiedervereinigung. Dabei geht es um das römische Recht, verschiedene Stammesrechte, aber auch um das Recht in der Weimarer Republik und, wenn die Zeit es zulässt, während des Nationalsozialismus und in der DDR. Vertieft behandelt werden das mittelalterliche Strafrecht, insbesondere die Hexenprozesse, und die Entwicklung des Rechts durch den Humanismus, die Aufklärung und den Liberalismus. In der Veranstaltung erfahren die Studierenden ebenfalls anhand von Fällen und vielen interessanten Dokumenten und Bildern etwas über die verschiedenen Rechtsordnungen vor dem heute geltenden deutschen Recht. Dabei wird auf die zeitgemäße Interpretation der einzelnen Dokumente und Fälle geachtet und damit verdeutlicht, wie sich auch die Denkweise der Menschen zu Recht und Unrecht gewandelt hat und wie das Recht durch unterschiedliche Rahmenbedingungen der jeweiligen Zeit geprägt wurde. In der Klausur kommt es meist darauf an, eines dieser Dokumente entsprechend zu interpretieren und Fragen zu verschiedenen Epochen zu beantworten.
9. Die Einführung in das Kirchenrecht
Zivilrecht, Strafrecht und öffentliches Recht – diese Rechtsgebiete kennt jeder. Daneben gibt es aber noch einige mitunter sehr interessante Rechtsgebiete, die irgendwo fernab der großen Rechtsgebiete ihr Schattendasein führen. Dazu gehört unter anderem das „Kirchenrecht“, im Fachjargon auch „kanonisches Recht“ genannt. Genau mit diesem Recht werden Sie sich in dieser Vorlesung beschäftigen. Dabei gehen Sie beispielsweise der Frage nach, ob und inwieweit religiöse Grundsätze ihren Weg in das geltende Recht gefunden haben. Daneben werden Sie auch eine Menge über Artikel 4 des GG lernen, welcher die Religionsfreiheit sichert. Wer jetzt denkt, dass dies nur theoretische und langweilige Probleme betrifft, liegt weit daneben; so werden Sie sich unter anderem mit der (Nicht)Anerkennung der Scientology-Kirche als Religionsgemeinschaft befassen oder die Frage beantworten, ob das katholische Krankenhaus einem Arzt wegen seiner Scheidung kündigen darf, oder klären, ob aus religiösen Gründen eine Bluttransfusion für ein Kind verweigert oder eine Beschneidung durchgeführt werden kann.
10. Die Einführung in die Rechtstheorie
Die Vorlesung bietet einen Überblick über Grundfragen, die sich in jeder heutigen Rechtsordnung stellen: Welche Funktion besitzt Recht in einer modernen Gesellschaft? Was zeichnet Rechtsnormen aus und in welchem Verhältnis stehen sie zu sozialen Normen, etwa solchen der Moral? Wie werden richterliche Entscheidungen begründet? Was sind Rechtsprinzipien? Was ist „Gerechtigkeit“ und welche Bedeutung hat sie für das positive Recht? Wie wird staatliches Recht legitimiert? Gibt es nichtstaatliches Recht? Die Veranstaltung möchte eine kritische und eigenständige Auseinandersetzung mit wesentlichen Strukturen und Begriffen des Rechts sowie mit dessen normativen Kernaspekten ermöglichen. Dadurch lassen sich auch rechtspraktische Fragestellungen und Argumentationen besser nachvollziehen. Zugleich werden die Teilnehmer darauf vorbereitet, sich auch in fremden, aber strukturell vergleichbaren Rechtsordnungen schnell orientieren zu können. Kenntnisse der Grundlagen des Rechts und jener gemeinsamen Strukturen von Rechtsordnungen sind gerade für international tätige Juristen unentbehrlich.
11. Das Strafverfahrensrecht
Nachdem man in den ersten drei Semestern idealerweise die jeweiligen Strafrechtsvorlesungen besucht hat und sich im materiellen Strafrecht nun bereits auskennt, wird einem im vierten Semester seine Umsetzung durch den Strafprozess beigebracht. Der Grundkurs soll einen Überblick über die Gesamtstruktur des Strafverfahrens und seinen Ablauf geben. Durch die Vorlesung erfährt man dadurch sehr viel über das Berufsbild des Staatsanwaltes bzw. Strafverteidigers. Vorrangig konzentriert sich der Grundkurs auf die examensrelevantesten Themen der StPO. Insbesondere werden hier das Ermittlungsverfahren sowie die erstinstanzliche Hauptverhandlung behandelt. Da das Strafverfahrensrecht immer zugleich die Interessen der Strafverfolgung mit den Schutzinteressen der Bürger zum Ausgleich bringen will, wird es auch als angewandtes Verfassungsrecht bezeichnet. Ein Eingriff nach der StPO bedeutet immer auch einen Eingriff in Rechte eines Bürgers. Aus diesem Grund wird im Grundkurs StPO auch ein besonderes Augenmerk darauf gelegt, inwieweit die Strafverfolgungsbehörden zum Zwecke der Wahrheitsfindung in die Rechte der Bürger eingreifen dürfen. Es werden unter anderem Themen wie die Aussageverweigerung eines Beschuldigten und Beweisverwertungsverbote behandelt. Daneben wird ebenfalls das Modell der verdeckten Ermittler diskutiert. Der Grundkurs gibt immer wieder die Gelegenheit, aktuelle Themen einzubeziehen und ist dadurch äußerst lebensnah und interessant gestaltet.
12. Das Verwaltungsrecht
Verwaltungsrecht ist nicht nur das Recht der Verwaltung, also das Regelwerk der bürokratischen Administration, sondern mehr noch das Recht des Bürgers gegen die Verwaltung. Also ob, wie und wo er gegen ihre Maßnahmen, die man Verwaltungsakte nennt, mit einer Anfechtungsklage klagen kann, und ob, wie und wo er die Verwaltung zu einer Maßnahme mit einer Verpflichtungsklage zwingen kann. Die Verwaltung greift meist mit Ordnungsbehörden ordnend und regelnd in das gesellschaftliche Leben und die Rechte der Bürger ein. Man nennt das Eingriffsverwaltung.
Die Verwaltung wird aber nicht nur negativ tätig, sondern leistet auch – durchaus positiv – etwas: Man nennt das Leistungsverwaltung, die Verwaltung handelt mithin als Leistungsträger. Sie haben alle schon an dieser Daseinsvorsorge teilgenommen: Kindergärten, Schulen, Hochschulen, Gesundheitsfürsorge, Krankenhäuser, Friedhöfe, Schwimmbäder, Straßen, Verkehrsmittel, Ausbildungsförderung, Sozialhilfe u.s.w. Der Staat ist auch für die technischen Grundbedürfnisse der Bürger, also die Versorgung mit Energie, Wasser, Müllabfuhr, Post und Flug- und Bahnverkehr verantwortlich, deren Versorgung er allerdings immer mehr privatisiert (Politisches Credo: Mehr oder weniger Staat?). Das Verwaltungsrecht garantiert, dass der Bürger vor den Verwaltungsgerichten klagen kann, wenn ihm die „Leistungsverwaltung“ eine Leistung auf diesem Gebiet der Daseinsvorsorge verweigert.
Das Verwaltungsrecht gibt also einen umfassenden Rechtsschutz für den Bürger gegen die Verwaltung bei Eingriffen in seine Rechte und bei Ablehnung ihm zustehender Leistungen.
Die Vorlesungen im Verwaltungsrecht teilen sich in drei Teile:
● Allgemeines Verwaltungsrecht
Die Veranstaltung behandelt systematisch die Grundbegriffe, Prinzipien und alle „vor die Klammer gezogenen“ Vorschriften und Grundsätze des Verwaltungsrechts. Dabei geht es vor allem um die Handlungsformen der Verwaltung, zum Beispiel durch den Verwaltungsakt. Auch die Staatshaftung ist Teil der Vorlesung Verwaltungsrecht AT. Dabei wird in dieser Veranstaltung auch das öffentliche Recht der Länder zum ersten Mal relevant. Obwohl sich die Verwaltungsverfahrensgesetze des Bundes und der Länder kaum unterscheiden, müssen die Studenten in der Klausur doch teilweise darauf achten, auf die richtige Norm zu verweisen. Natürlich kommt es aber vornehmlich auf die allgemein geltenden Verwaltungsvorschriften des Bundes an, die alle Grundsätze des Verwaltungsrechts AT beinhalten.
Der größte Teil der Vorlesung wird sich meist um den Verwaltungsakt, die häufigste Handlungsform der Verwaltung, drehen. Es werden die Voraussetzungen für den Erlass, die Rechtsbehelfe des Bürgers gegen ihn und die Aufhebung des Verwaltungsakts erläutert und anhand von praxisnahen Fällen veranschaulicht. Für die Vorlesung werden die verfassungsrechtlichen Grundlagen vorausgesetzt und teilweise nochmals vertieft.
Besonderes Verwaltungsrecht
Die Vorlesung „Verwaltungsrecht BT“ deckt die drei examensrelevanten Rechtsgebiete aus dem besonderen Verwaltungsrecht ab: Kommunalrecht, Baurecht sowie Polizei- und Ordnungsrecht. Als Besonderheit gegenüber dem übrigen Grundstudium bestehen diese überwiegend aus Landesrecht.
Das Kommunalrecht befasst sich mit der Organisation und den Kompetenzen der Gemeinden, sowie den Rechtsverhältnissen der Bürger zur Gemeinde. Themen sind hier beispielsweise die Rechtmäßigkeit eines Ratsbeschlusses oder die Voraussetzungen für ein Bürgerbegehren. Dieser Teil besitzt mittlere Examensrelevanz.
Das Baurecht unterfällt in einen zivilrechtlichen und einen öffentlich-rechtlichen Teil. Während der zivilrechtliche Teil auf dem Werkvertragsrecht des BGB fußt, gründet sich das Öffentliche Baurecht auf das bundesrechtliche BauGB mit der BauNVO und die landesrechtliche BauO NRW. Das BauGB enthält das Bauplanungsrecht. Dieses beantwortet die Frage, welche Gebäude in welchen Baugebieten gebaut werden dürfen und welche Baugebiete es eigentlich gibt. Ein Wohnhaus gehört nicht in ein Industriegebiet, ein Bordell nicht ins Wohngebiet.
Das Bauordnungsrecht regelt die Beschaffenheit, die ein Gebäude haben muss. Anforderungen an die Standsicherheit etc. sind zu beachten. Besonders prüfungsrelevant ist dabei die Regelung über die Abstandsflächen. Außerdem wacht das Bauamt über die Einhaltung der genannten Regeln. So benötigt man für manche bauliche Anlagen eine Baugenehmigung. Fehlt diese oder liegt sonst ein baurechtswidriger Zustand vor, kann die Behörde mit verschiedenen Verfügungen reagieren, deren Rechtmäßigkeit des Öfteren in Examensklausuren zu prüfen ist.
Das Polizei- und Ordnungsrecht schließlich regelt die Voraussetzungen polizeilichen Handelns bei der Gefahrenabwehr. Das ist abzugrenzen vom repressiven (also strafverfolgenden) Handeln der Polizei. Dieses geschieht auf Grundlage der StPO. Ermittelt die Polizei also einen Sachverhalt, um einen Straftäter aufzuspüren, so hat das nichts mit Polizeirecht zu tun. Erteilt sie hingegen einem stark alkoholisierten Randalierer einen Platzverweis, dann ist das am Maßstab des PolG NRW zu messen. Der Platzverweis ist als Standardmaßnahme in § 34 PolG NRW spezialgesetzlich geregelt. Sonstige Maßnahmen richten sich nach § 8 PolG NRW, der Generalklausel. Die Ordnungsbehörden handeln auf Grundlage des OBG NRW, welches analog dem Polizeigesetz gestaltet ist. Das Polizei und Ordnungsrecht ist einer der examensrelevantesten Teile des Öffentlichen Rechts. Die Veranstaltung deckt somit einige der wichtigsten Bereiche des Examensstoffes ab.
Verwaltungsprozessrecht
Das Verwaltungsprozessrecht regelt das Recht des Verfahrens vor den Verwaltungsgerichten, die Vollstreckung von Urteilen und auch das Vorverfahren für Verwaltungsakte. Das Verwaltungsrecht ist das zweite große Rechtsgebiet im Bereich des Öffentlichen Rechts und beschäftigt sich mit der Handlung der Staatsverwaltung, also der Gesetzesexekutive durch die Behörden des Bundes, der Länder und Gemeinden und der sonstigen Körperschaften des öffentlichen Rechts. In der Vorlesung werden die verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Grundlagen der Verwaltungsgerichtsbarkeit, sowie die verschiedenen Klagearten der Verwaltungsgerichtsordnung behandelt. Im Einzelnen sind dies die Anfechtungs- und Verpflichtungsklage, das Widerspruchsverfahren, die allgemeine Leistungs- und Feststellungsklage, sowie die Fortsetzungsfeststellungsklage, das Normenkontrollverfahren und der einstweilige Rechtsschutz. Für alle Verfahren werden ihre allgemeinen und besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen, als auch Inhalte und Wirkungen dargestellt, womit die Grundkenntnisse zum Verfassen jeder öffentlich-rechtlichen Examensklausur vermittelt werden.
13. Die Rechtsphilosophie
Ein weites, aber spannendes Feld! Nur so viel: Im Zentrum der Rechtsphilosophie standen und stehen Versuche, die „menschlichen“ Gesetze in einer übergeordneten Geltungssphäre zu verankern. Zunächst erschien das Recht in einem kosmologischen Rahmen als Teil einer umfassenden Naturordnung und ihrer Gesetze (Naturrecht), dann als göttliche Normen und Gebote (Gottesrecht), dann als Teilhabe an einer universellen, übergeordneten Weltvernunft (Vernunftrecht), dann als gesellschaftsvertragliche Übereinkunft (Vertragsrecht), dann als ein in Traditionen überbrachtes Recht (Gewohnheitsrecht), dann als Nutzenkalkül (Utilitarismus), wo zu prüfen ist, ob es für den Einzelnen und die Gemeinschaft von Nutzen ist oder sein soll, dann als Ausfluss menschlicher Autonomie (Freiheitsrechte, Menschenrechte). Schließlich wurde im 19. Jhdt. der sog. Positivismus (lat.: positivus, gesetzt, gegeben) richtungweisend für die juristische Verfahrensrichtigkeit, nach dem in Anlehnung an das Methodenideal der exakten Wissenschaften unter Vermeidung jedweder metaphysischer Annahmen (Gott, Ideenreich, vernünftige Weltordnung, unveränderliche Natur des Menschen, Nützlichkeit) die Gleichheit von „Recht“ und „Gesetz“ angenommen wurde. Geblieben ist der Gegensatz zwischen diesem Rechtspositivismus (Recht = Gesetz) und der vom Katholizismus vertretenen eher naturrechtlichen Auffassung (Recht = Ethik), bei der das Recht als Teil und Ausschnitt einer natürlichen göttlichen Schöpfungsordnung verstanden wird. Die Rechtsphilosophie ist keineswegs zweckfrei. Ihre Vorstellungen von dem jeweiligen Menschenbild, von der Struktur der Gesellschaft, von der Stellung des Einzelmenschen in der Gesellschaft, von dem Verhältnis der Menschen zueinander, von den Werten innerhalb einer Gesellschaft können über den Gesetzgeber und die Rechtsprechung auf das Recht einwirken. Unsere Verfassung ist zum Beispiel in den Artikeln 1 bis 19 GG nichts anderes als Gesetz gewordene Rechtsphilosophie.
14. Die Freiwillige Gerichtsbarkeit
Freiwillige Gerichtsbarkeit (fG) ist der Teil der ordentlichen Gerichtsbarkeit, bei dem es im Gegensatz zur streitigen Gerichtsbarkeit um eine vorsorgende Mitwirkung der Gerichte geht. Der Student ist gut beraten, wenn er die fG nicht als „Exotik“ zur Seite schiebt, sondern sich ein bisschen in sie einfühlt. Sie spielt im Rechtsleben des Bürgers eine überragende Rolle, die leider im Studium an den Universitäten sträflich vernachlässigt wird. Nehmen Sie an, Sie sind Erbe geworden und wollen einen Ausweis über Ihr Erbrecht, einen sog. Erbschein. Oder: Sie wollen ein Grundstück erwerben und (gem. § 873 Abs. 1 BGB) in das Grundbuch eingetragen werden. Oder: Sie gründen eine Handelsgesellschaft und wollen in das Handelsregister eingetragen werden. Oder stellen Sie sich vor: Zwei minderjährige Kinder verlieren ihre Eltern bei einem Flugzeugabsturz und benötigen einen Vormund. Oder: Ihre Großmutter leidet unter „Alzheimer“ und benötigt einen Betreuer. Oder, oder, oder.
Alles Fälle, in denen Sie nicht vor Gericht gezwungen werden und Sie niemanden vor Gericht zwingen, sondern wo Sie gesetzlich vorgeschriebene Maßnahmen mehr oder weniger „freiwillig“ – ohne Gegner und Streit – begehren wollen oder müssen.
Hier sind die „klassischen“ Angelegenheiten der fG:
● Vormundschaftssachen – So erhält z.B. ein minderjähriges Kind, das nicht unter elterlicher Sorge steht, einen Vormund, der vom Gericht bestellt und dessen Amtsführung vom Gericht überwacht wird. Zur Fürsorge gehört auch der Schutz des Kindes vor elterlichem Versagen in der Personen- oder Vermögenssorge.
● Nachlasssachen – Dem Interesse des Rechtsverkehrs dient das dem Erben ausgestellte Zeugnis des Gerichts über seine Erbenstellung, sog. Erbschein. Ist der Erbe unbekannt oder die Erbschaft noch nicht angenommen, so besteht ein Bedürfnis für die Sicherung des Nachlasses.
● Grundbuchsachen – Der Allgemeinheit dient die Rechtsfürsorge, wenn aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit bestimmte Rechtsvorgänge in öffentlichen Registern bekundet werden müssen. So erwirbt der Käufer eines Grundstücks erst das Eigentum, wenn die Einigung über den Eigentumsübergang im Grundbuch eingetragen ist; ein Hypothekar hat sein Grundpfandrecht erst dann erlangt, wenn er gleichermaßen in das Grundbuch eingetragen ist.
● Registersachen – Der Sicherheit und Klarheit des Handelsrechts dient es in ähnlicher Weise, wenn kaufmännische Firmen und Gesellschaften mit ihren speziellen Haftungen und Vertretungsbefugnissen in sog. Handelsregistern eingetragen werden müssen, wie auch Vereine im Vereinsregister (e.V.).
● Urkundssachen – Auch die grundsätzlich den Notaren zugewiesenen Urkundstätigkeiten bedeuten Rechtsfürsorge. Bevor der Notar einen Rechtsvorgang notariell beurkundet, muss er die Rechtsverhältnisse und den Sachverhalt prüfen und die Beteiligten umfänglich belehren.
Lassen Sie dieses Vorlesungsprogramm doch einmal von Ihren Eltern, Ihrem Freund oder Ihrer Freundin, Ihren Großeltern lesen: Da werden Sie nur noch bestaunt!!!