Das Strafrecht ist ein Gebiet, das auch auf den Nichtjuristen eine starke Anziehungskraft ausübt, weil sich in ihm „die ganze Individualität des Volkes, sein Denken und Fühlen, sein Gemüt und seine Leidenschaft, seine Gesittung und seine Rohheit kundgibt, kurz: auf dem seine Seele sich widerspiegelt – das Strafrecht ist das Volk selbst, die Geschichte des Strafrechtes der Völker ist ein Stück der Psychologie der Menschheit“ (Rudolf von Jhering – 1818 bis 1892).
Das Strafrecht gliedert sich im StGB in einen allgemeinen Teil und einen besonderen Teil.
Der allgemeine Teil:
1. Der allgemeine Teil des StGB enthält zunächst die allgemeinen, d.h. gattungsmäßig für jede Art von Straftaten geltenden Grundsätze über die Tatvoraussetzungen. Gewissermaßen die vor die Klammer gezogenen Zankäpfel!
Tatbestand
Rechtswidrigkeit
Schuld
2. Der allgemeine Teil ist damit aber noch nicht ganz vollständig erklärt. Was fehlt, sind einige Spezial-Erscheinungsformen der Straftat. Der Gesetzgeber musste sich nämlich noch folgenden sechs speziellen Fragen stellen:
Bestrafe ich nur die Vollendung einer Straftat oder auch schon den Versuch einer Rechtsgutverletzung? Antwort gibt die Versuchslehre!
Bestrafe ich nur das aktive Handeln gegen eine Verbotsnorm oder auch das Unterlassen eines gebotenen Tuns? Antwort gibt die Unterlassungsdeliktlehre!
Wie gehe ich vor, wenn mehrere Beteiligte auf der strafrechtlichen Bühne handeln und nicht nur ein Alleintäter auftritt? Antwort gibt die Täterschaft- und Teilnahmelehre!
Was geschieht, wenn sich jemand irrt, weil er denkt, es sei etwas strafbar, was gar nicht strafbar ist, oder es sei etwas nicht strafbar, was strafbar ist oder weil er nicht weiß, dass er tatbestandlich, rechtswidrig und schuldhaft handelt? Antwort gibt die Irrtumslehre!
Der allgemeine Teil enthält also neben der allgemeinen Erscheinungsform weiterhin die besonderen Erscheinungsformen einer Straftat:
Versuch
Unterlassen
Täterschaft und Teilnahme
Irrtum
3. Schließlich enthält der allgemeine Teil die Ausprägungen der strafrechtlichen Reaktionsmittel der Geld- und Freiheitsstrafen sowie die Maßregeln der Besserung und Sicherung. Welche Reaktionsmittel lasse ich als humaner, aber doch strenger Staat zu? Antwort gibt die Straffolgenlehre!
Der besondere Teil
Demgegenüber werden im besonderen Teil die für ein gedeihliches gesellschaftliches Zusammenleben geschaffenen einzelnen Tatbestände umschrieben, die im Interesse des Rechtsgüterschutzes erlassen und mit Strafdrohungen versehen worden sind, um diesen Schutz durch Abschreckung (Generalprävention) zu erreichen. Welche Rechtsgüter suche ich mir als Staat aus der Fülle der für das Zusammenleben in einer Gemeinschaft notwendigen Werte aus, die mir so wichtig sind, dass ich den Angriff auf sie kriminalisiere, d.h. mit Kriminalstrafe bedrohe, um so (und nur so geht es) eine Mindestordnung aufrecht zu halten und ihre Beachtung für ein gedeihliches menschliches Zusammensein zu erzwingen? Antwort gibt der besondere Teil des StGB!
Der besondere Teil gibt Antwort auf diese Frage und enthält den konkreten Rechtsgüterschutz in Form mehr oder weniger anschaulicher Tatbestände (§ 123; § 211; § 223; § 242; § 263; § 267 etc.).