Sie haben in den Erörterungen über die beschränkte Geschäftsfähigkeit und über die Vertretung in den §§ 108 und 177 schwebend unwirksame Rechtsgeschäfte kennen gelernt. Wie Sie dabei erfahren haben, hängt die Wirksamkeit eines solchen Rechtsgeschäftes davon ab, ob der gesetzliche Vertreter (§ 108 Abs. 1) oder der Geschäftsherr (§ 177 Abs. 1) das auf dem „Silbertablett“ ihm dargereichte Geschäft später genehmigt, ihm also zustimmt. Auch haben Sie schon in den §§ 107 und 110 mit der Einwilligung Bekanntschaft gemacht. Das BGB enthält nun in den §§ 182 bis 185 allgemeine Regelungen über die Zustimmung zu Rechtsgeschäften, mit denen wir uns in diesem Beitrag näher beschäftigen wollen.
Unter Zustimmung wollen wir in Zukunft die Erklärung des Einverständnisses mit einem Rechtsgeschäft verstehen, das ein anderer abschließt. In extrem seltenen Ausnahmefällen steht das Zustimmungsrecht demjenigen zu, der das Rechtsgeschäft vorher selbst abgeschlossen hat (z.B. § 108 Abs. 3).
Das Gesetz unterscheidet zwei Formen der Zustimmung, nämlich:
Die Einwilligung (§ 183) stellt die vorherige Zustimmung zu einem Rechtsgeschäft dar, das noch nicht vorgenommen worden ist.
Die Genehmigung (§ 184) ist dagegen die nachträgliche Zustimmung zu einem bereits vorgenommenen Rechtsgeschäft. Es ist also ein schwarzer Rappe (Pleonasmus), wenn kluge Juristen von „nachträglicher Genehmigung“ schwadronieren.
Diese terminologische Unterscheidung wird allerdings vom Gesetzgeber selbst nicht immer durchgehalten. So wird die Zustimmung des Vormundschaftsgericht zu Rechtsgeschäften des Vormundes für sein Mündel stets als „Genehmigung“ bezeichnet, auch wenn es sich um eine vorherige Zustimmung handelt.
Wie Sie bereits wissen, ist die Zustimmung eines Dritten erforderlich bei:
den nicht lediglich rechtlich vorteilhaften Rechtsgeschäften eines Minderjährigen (§§ 107, 108 Abs. 1) durch die gesetzlichen Vertreter,
der Vertretung ohne Vertretungsmacht (§ 177) durch den Vertretenen selbst.
Für alle Fälle der Zustimmung ist wesentlich, dass es sich bei ihr um ein selbständiges einseitiges Rechtsgeschäft handelt, das zu seiner Wirksamkeit sämtlicher für ein Rechtsgeschäft geltender Voraussetzungen (wie alle anderen Rechtsgeschäfte auch) bedarf.
Man muss daher bei Falllösungen im Zusammenhang mit Zustimmungen von Anfang an streng unterscheiden zwischen dem Vorliegen der Wirksamkeitsvoraussetzungen für zwei Rechtsgeschäfte:
1. Die Voraussetzungen für das zustimmungsbedürftige Rechtsgeschäft selbst, z.B. einen von einem 16-Jährigen geschlossenen Kaufvertrag über ein Fahrrad „Tretmühle“, gem. § 433 i.V.m. § 108 Abs. 1 und
2. die Voraussetzungen für das Rechtsgeschäft „Zustimmung“ zu diesem Kaufvertrag, also etwa für die Genehmigungserklärung der Eltern gem. §§ 433, 108 Abs. 1, 184 Abs. 1, 1626 Abs. 1 S. 1, 1629 Abs. 1.
Für die Zustimmung müssen Sie folgendes Prüfungspäckchen schnüren:
Zustimmungserklärung (Einwilligung, § 183 – Genehmigung, § 184)
Auslegen nach §§ 133, 157; es handelt sich um eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung
Wirksamwerden mit Zugang gem. §§ 130 Abs. 1, Abs. 2
Adressat: Sämtliche am zustimmungsbedürftigen Rechtsgeschäft Beteiligten gem. § 182 (anders bei §§ 108 Abs. 2, 177 Abs. 2: hier nur noch der Auffordernde (!))
Zustimmungsberechtigung: Immer der Rechtsinhaber (§ 108 Abs. 1: Eltern; § 177 Abs. 1: Vertretene). Nicht der „Nochnicht-, Nichtmehr- (§ 108 Abs. 3) oder Nichtalleinrechtsinhaber (Miteigentümer; 1629 Abs. 2)“
Formfrei: § 182 Abs. 2
Zustimmungsfähigkeit: das Rechtsgeschäft, dem zugestimmt wird, muss noch „schweben“
Spezialfall für Einwilligung: Widerrufbarkeit gem. § 183
Der Empfänger der Zustimmungserklärung
Nach der Bestimmung des § 182 Abs. 1 kann die Zustimmung gegenüber jedem an dem einseitigen oder zweiseitigen Rechtsgeschäft Beteiligten erklärt werden.
Erinnern wir uns an Benjamin Blitz und den nicht mit seinen Eltern vereinbarten Erwerb eines Mofas der Marke „Feuerstuhl“ (3.2.5). Dort haben wir gelernt, dass die Eltern das Geschäft durch Genehmigungserklärung entweder gegenüber Benjamin Blitz oder aber gegenüber Siegfried Speich, dem Fahrradhändler, wirksam machen können; genau das sagt § 182 Abs. 1.
Für bestimmte Fallkonstellationen der nachträglichen Zustimmung, also der Genehmigung, hat der Gesetzgeber jedoch geregelt, dass diese nur noch gegenüber einem der Beteiligten wirksam erklärt werden kann.
Sobald Siegfried Speich die Eltern zur Erklärung über die Genehmigung aufgefordert hat, ist er nach § 108 Abs. 2 S. 1 der einzig mögliche Adressat für deren Erklärung über die Genehmigung. Ein Parallelbeispiel findet sich im § 177 Abs. 2 S. 1.
Sie sehen an diesen Beispielen, dass der § 182 ff. nur allgemeine Regelungen über die Zustimmung enthält, die für einzelne Tatbestände durch besondere Regelungen über die Zustimmung teilweise verdrängt werden. So geschieht das bei allgemeinen Regeln oft: Sie gelten nur, wenn keine speziellen Regeln Vorrang beanspruchen. Lex specialis derogat legi generali, sagten die Lateiner, was heißt: Das spezielle Gesetz verdrängt das allgemeine Gesetz!
Die Formfreiheit der Zustimmung
Bei der Abgabe der Zustimmungserklärung braucht der Erklärende eine bestimmte Form nicht einzuhalten. Das gilt gem. § 182 Abs. 2 sogar dann, wenn das Rechtsgeschäft, dem zugestimmt wird, einer bestimmten Form bedarf.
Beispiel: Viktor (V) hat , ohne von Kurt (K) bevollmächtigt zu sein, im Namen des K von Eugen (E) ein Grundstück, notariell beurkundet, gekauft. K erfährt von dem vorgenommenen Geschäft und schreibt daraufhin dem E, er bitte ihn, den Umschreibungsantrag beim Grundbuchamt zu stellen.
Der notariell beurkundete und damit formgültig zustande gekommene Kaufvertrag (§§ 433, 311 b Abs. 1 S. 1) zwischen K und E war gem. §§ 164, 177 Abs. 1 zunächst schwebend unwirksam und bedurfte zur Wirksamkeit der Genehmigung durch K. Ist es nicht immer wieder schön, Altbekanntes im Neuen wiederzuerkennen?
Während der Kaufvertrag selbst dem Formzwang des § 311 b Abs. 1 S. 1 unterlag, konnte K seine Zustimmungserklärung nach § 182 Abs. 2 formfrei abgeben. Also konnte er sie auch durch konkludente schriftliche Erklärung gegenüber E äußern. So liegt der Fall hier, denn dadurch, dass K den E zur Stellung des Umschreibungsantrages beim Grundbuchamt aufforderte, gab er gem. §§ 133, 157 zu verstehen, dass er mit dem durch den Vertreter V vorgenommenen Rechtsgeschäft einverstanden sei.
Aus dem bisher Dargestellten ergibt sich bereits, dass die vorher erteilte Zustimmung, also die Einwilligung, das spätere Rechtsgeschäft sofort mit seinem Abschluss wirksam werden lässt.
Bei einseitigen Rechtsgeschäften – nehmen Sie z.B. eine Kündigung – gilt hierzu allerdings die Besonderheit, dass aus Gründen des Vertrauensschutzes der Erklärungsgegner ausnahmsweise die Vorlage einer schriftlichen Einwilligungserklärung verlangen kann, wenn er vorher nicht vom Einwilligenden über die erteilte Zustimmung in Kenntnis gesetzt worden ist. Dies ergibt sich aus § 182 Abs. 3 i.V.m. § 111 S. 2, 3. Wie bei allen einseitigen Rechtsgeschäften soll der Erklärungsempfänger geschützt werden, damit sich bestehende Zweifel über die Wirksamkeit des einseitigen Rechtsgeschäftes nicht zu seinem Nachteil auswirken können. Also: Alle einseitigen Rechtsgeschäfte sind trotz Einwilligung unwirksam, wenn die Einwilligung nicht schriftlich vorgelegt wird und der Adressat das Rechtsgeschäft deshalb sofort zurückweist.
Die Widerruflichkeit der Einwilligung
Die Wirksamkeit des späteren Rechtsgeschäfts setzt allerdings voraus, dass die einmal erteilte Einwilligung bei Abschluss des Geschäftes auch noch wirksam ist. Dies ist aber nicht etwa selbstverständlich. Denn die einmal erteilte Einwilligung ist bis zur Vornahme des Rechtsgeschäftes gem. § 183 S. 1 grundsätzlich frei widerruflich. Der Widerrufende braucht für den Widerruf seiner Einwilligung dem Erklärungsempfänger keine Gründe anzugeben. Als Empfänger der Erklärung kommen nach § 183 S. 2 sämtliche am Rechtsgeschäft beteiligten Personen in Betracht, so dass der Widerruf etwa auch gegenüber dem Minderjährigen oder dessen Geschäftspartner erklärt werden kann.
Diese Widerrufsmöglichkeit besteht grundsätzlich bei allen Arten von Rechtsgeschäften. In einigen wenigen Ausnahmefällen ist der Widerruf jedoch kraft besonderer gesetzlicher Bestimmung ausgeschlossen. Solche Fälle werden Sie später, vornehmlich im Sachenrecht bei § 873 Abs. 2, kennen lernen. Ein recht instruktives Beispiel für den gesetzlichen Ausschluss des Widerrufs bietet § 1750 Abs. 2 S. 2. Sie werden einsehen, dass die Bindung der Einwilligungserklärungen für ein geordnetes Adoptionsverfahren unerlässlich ist, damit das Verfahren nicht durch Unsicherheiten über den Bestand der Einwilligungen zu Lasten des Kindes gestört wird. Folglich können die Einwilligungserklärungen (Ausn.: § 1750 Abs. 2 S. 2, 2. Hs.) nicht widerrufen werden. Darüber hinaus ist ein Widerruf aber auch dann nicht möglich, wenn sich aus dem der Erteilung der Einwilligung zugrunde liegenden Rechtsverhältnis etwas anderes, also die Unwiderruflichkeit, ergibt.
Nach der Vornahme des Rechtsgeschäftes jedenfalls ist die Einwilligung immer unwiderruflich, weil ja das Rechtsgeschäft durchgeführt worden ist. Irgendwie logisch!
Die Ermächtigung
Einen ganz wichtigen Sonderfall der Zustimmung stellt § 185 dar. Die Norm regelt die Zustimmung zu Verfügungen von Nichtberechtigten, und zwar in § 185 Abs. 1 die vorherige Zustimmung, die sog. Ermächtigung, und in § 185 Abs. 2 die Genehmigung.
Die erhebliche Bedeutung des § 185 sei zunächst anhand der Ermächtigung erläutert. § 185 wird im Laufe Ihres juristischen Werdens eine sehr wichtige Rolle spielen, die leider oft unterschätzt wird.
Aus § 185 Abs. 1 ergibt sich die Rechtsfolge, dass in dessen Regelungsbereich ein Verfügungs(rechts)geschäft, das nicht der Berechtigte, sondern ein Dritter – ein sog. Nichtberechtigter – vorgenommen hat, bei Vorliegen der Einwilligung des Berechtigten – eben der „Ermächtigung“ – sogleich für diesen wirksam ist. Wenn Sie also als berechtigte Eigentümerin Ihres Mondeo den Nichteigentümer Oli ermächtigen, diesen Mondeo an Felix zu übereignen gem. § 929 S. 1, so wird Felix Eigentümer, auch wenn Oli nicht in Ihrem Namen aufgetreten ist. Die Übereignung gem. § 929 S. 1 ist eben ein Verfügungsgeschäft, das mit vorheriger Zustimmung, d.h. Einwilligung, wirksam ist, auch wenn Oli ein Nichtberechtigter ist. Diese auf den ersten Blick einleuchtend und einfach erscheinende Regelung erstaunt bei näherem Hinsehen aber insofern, als zwar einerseits die Parallelität zur Konstellation der Stellvertretung (§ 164 Abs. 1) zum Verwechseln ähnlich auf der Hand liegt, aber andererseits die Rechtsfolge „Wirksamkeit zu Lasten des Berechtigten“ hier eintritt, ohne dass das im § 164 Abs. 1 bestehende Tatbestandserfordernis des „Handelns in fremdem Namen“ vorliegen müsste; es fehlt „offenkundig“ die Offenkundigkeit.
Im Falle der Ermächtigung besteht ein derartiges Tatbestandsmerkmal wie das Handeln im fremden Namen bei § 164 Abs. 1 nicht. Der Nichtberechtigte tritt vielmehr im eigenen Namen auf.
Dies bedeutet nun nicht etwa, dass Sie in allen Fällen des § 164 bei Fehlen dieses Tatbestandsmerkmales auf § 185 ausweichen könnten. Vielmehr muss berücksichtigt werden, dass § 185 ausschließlich nur von Verfügungsgeschäften spricht.
Darin liegt auch der Grund für die von § 164 abweichende Regelung: Die Vorschrift des § 185 besagt, dass bei Vorliegen der Ermächtigung des Berechtigten auch derjenige wirksam eine Verfügung über einen Gegenstand treffen kann, der dazu (eigentlich) nicht berechtigt ist, weil er nicht Eigentümer der Sache ist.
Gemeint ist als Nichtberechtigter also nur, wer „etwas weggibt“, nicht etwa der „Empfänger“ der Verfügung, also z.B. nicht der Erwerber einer Sache.
Damit berücksichtigt der Gesetzgeber, dass es bei den Verfügungsgeschäften für den anderen Teil – also den „Empfänger“ der Verfügung – regelmäßig völlig ohne Bedeutung ist, wer tatsächlich sein Partner ist. Das ist wiederum mit den Besonderheiten der Verfügungsgeschäfte zu erklären. Verfügungsgeschäfte sind bekanntlich solche Rechtsgeschäfte, durch die ein bestehendes Recht unmittelbar aufgehoben, belastet, übertragen oder geändert wird. Wenn aber die Wirkungen eines Rechtsgeschäfts, z.B. der Übertragung des Eigentums an einer Sache Mondeo, unmittelbar eintreten, dann ist es für den Verfügungsempfänger Felix, also den Erwerber, völlig ohne Belang, wer tatsächlich sein Vertragspartner ist. Hauptsache für ihn ist, dass die Hauptsache eintritt: unmittelbarer Eigentumserwerb, egal von wem!
Ganz anders ist dies demgegenüber bei den Verpflichtungsgeschäften, für die daher § 185 auch nicht gilt. Da hier der Vertragspartner eben noch nicht das Recht bzw. die Rechtsänderung (z.B. Eigentum) unmittelbar, sondern allenfalls einen darauf gerichteten, schuldrechtlichen Anspruch erhält (z.B. § 433 Abs. 1), ist es für ihn von entscheidender Bedeutung, wer sein Vertragspartner ist. Deswegen gilt hier das sich aus § 164 Abs. 1 ergebende Offenkundigkeitsprinzip. Hier im § 164 muss im fremden Namen offen gehandelt werden, dort im § 185 kann im eigenen Namen gehandelt werden, der Andere braucht keinen Schutz.
Zur Klarstellung: Neben der Möglichkeit, nach § 185 Abs. 1 zu verfahren, die Verfügung also durch den Nichtberechtigten im eigenen Namen vornehmen zu lassen, besteht auch bei den Verfügungsgeschäften natürlich die Möglichkeit, dass gem. § 164 Abs. 1 ein Vertreter das Rechtsgeschäft im fremden Namen vornimmt. Die Stellvertretung bleibt den Rechtsgenossen unbenommen.
Die Widerruflichkeit der Ermächtigung
Beispiel: Der Kunstsammler Lothar Ludwig will ein ihm gehörendes Gemälde von Picasso veräußern. Da er dabei aber nicht in Erscheinung treten möchte, bittet er den ihm bekannten Händler Karl Kunst, die Veräußerung im eigenen Namen für ihn vorzunehmen. Kunst übereignet daraufhin das Gemälde im eigenen Namen an Richard Reich. Ludwig, den inzwischen der Verlust seines Picassos sehr reut, erklärt kurz nach der ihm noch nicht bekannten Übereignung dem Kunst, er möchte das Gemälde zurück haben. Mit Recht?
Ludwig könnte von Reich gem. § 985 Herausgabe des „Picasso“ verlangen.
Das setzt zunächst voraus, dass Ludwig Eigentümer des Bildes ist. Ursprünglicher Eigentümer war Ludwig.
Reich könnte das Bild gem. § 929 S. 1 aber von Ludwig erworben haben. Da die Einigung über den Eigentumsübergang nun nicht zwischen Reich und Ludwig direkt vorgenommen worden ist, könnte sie nur dann wirksam sein, wenn Ludwig nach § 164 ff. wirksam vertreten war. Ein Eigentumserwerb im Wege der Stellvertretung scheidet jedoch aus, da Kunst bei der Übereignung nicht im Namen des Ludwig aufgetreten ist.
Vielmehr ist die für § 929 S. 1 erforderliche Einigung zwischen dem im eigenen Namen auftretenden Kunst und dem Reich unmittelbar zustande gekommen. Auch ist das Bild an Reich übergeben worden. Jedoch war Kunst nicht Eigentümer des Bildes, so dass ihm an sich die Berechtigung zur Verfügung über das Eigentum an dem Bild fehlte. Er war Nichtberechtigter. Die dem Kunst von Ludwig erteilte Ermächtigung nach §§ 182, 185 Abs. 1 verlieh ihm jedoch die Verfügungsmacht zu einer wirksamen Verfügung im eigenen Namen über das Eigentum. Das setzt allerdings voraus, dass die Ermächtigung zum Zeitpunkt der Rechtsvollendung der Übereignung noch bestand.
Ebenso wie im Falle der Einwilligung nach § 183 ist auch die Ermächtigung nach § 185 Abs. 1 in den Grenzen des § 183 widerruflich. In der Erklärung des Ludwig, er wolle das Bild zurück haben, liegt ein solcher Widerruf. Nach § 183 endet die Befugnis zum Widerruf aber mit der Vornahme des Geschäfts, zu dem die Ermächtigung erteilt wurde. Da Ludwig den Widerruf hier erst wirksam ausgesprochen hat, nachdem Kunst die Übereignung an Reich vorgenommen hatte, bestand für Ludwig kein Widerrufsrecht mehr. Kunst hat damit wirksam über das Eigentum des Ludwig verfügt, die Rechtsfolge tritt nach § 185 Abs. 1 unmittelbar zwischen dem Erwerber Reich und dem Berechtigten Ludwig ein. Reich hat daher von Ludwig nach §§ 929 S. 1, 185 Abs. 1 wirksam das Eigentum an dem Picasso erworben.
Folglich ist Ludwig nicht mehr Eigentümer.
Also kann Ludwig von Reich nicht gem. § 985 die Herausgabe des Bildes verlangen.
Die Genehmigung der Verfügung eines Nichtberechtigten
Neben der Möglichkeit der vorherigen Ermächtigung eines Nichtberechtigten zur Verfügung über einen Gegenstand hält § 185 Abs. 2 1. Fall auch den Tatbestand der nachträglichen Zustimmung, also der Genehmigung der Verfügung eines Nichtberechtigten bereit. Dazu der anschließende Fall.
Beispiel: Dieter Dampf hat Armin Adler seine „V 200“, die durch einen unruhigen Lauf über Weichenstraßen auffällig geworden war, zur Reparatur überbracht. In dem sich anschließenden Gespräch unter Fachleuten äußert Dieter, er habe ein wunderschönes Handarbeitsmodell einer „V 200“ entdeckt, das allerdings einen Tausender koste. Wenn er das gerade zur Reparatur gebrachte Serienmodell für einen guten Preis veräußern könne, dann ließe sich ein Erwerb des handgefertigten Modells realisieren. Adler erinnert sich an dieses Gespräch, als bei einem erneuten Besuch Detlef Diesel an ihn die Frage richtet, ob die von Adler zwischenzeitlich reparierte „V 200“ verkäuflich sei. Adler erklärt daraufhin: „Ich verkaufe sie Ihnen für 300 €. Ich weiß, dass der Eigentümer damit einverstanden sein wird.“ Adler und Diesel einigen sich über den Eigentumsübergang und Diesel nimmt die Lokomotive mit nach Hause. – Ist Diesel Eigentümer geworden?
Ein Eigentumserwerb nach §§ 929 S. 1, 164 Abs. 1, 3 scheitert auch hier daran, dass Adler nicht im Namen des Dieter Dampf die Übereignung des Modells vornimmt.
Anders als im vorangegangenen Fall hat Dieter den Armin Adler auch nicht zur
Übereignung des Lok-Modells vorher ermächtigt. Die bloße Bemerkung, für einen guten Preis sei er zu einem Verkauf bereit, stellt keine Ermächtigung zur Verfügung über das Eigentum an der Lok gegenüber Armin Adler dar.
Nach § 185 Abs. 2 1. Fall kann die Übereignung durch den Nichtberechtigten Adler aber von Dieter Dampf genehmigt werden. Mit dem Zugang der Genehmigung bei Adler oder Diesel wird die Übereignung wirksam; denn nach § 184 Abs. 1 tritt insoweit Rückwirkung ein. Diesel ist dann mit Einigung und Besitzübergabe von Adler Eigentümer geworden.
Beispiel: Wäre im vorangegangenen Fall anders zu entscheiden, wenn Armin Adler den Detlef Diesel nicht darüber aufgeklärt hätte, dass die reparierte Lok einem anderen Eigentümer gehört?
Die Abwandlung des Falles führt uns zu einem sehr wichtigen Fragenkreis des Privatrechtes, mit dem Sie insbesondere im Sachenrecht noch eingehend zu tun haben werden, dem gutgläubigen Erwerb vom Nichtberechtigten. An dieser Stelle zur Abgrenzung nur so viel dazu:
Im täglichen Leben werden stündlich eine Unzahl von Übereignungsgeschäften vorgenommen. Betrachten Sie den normalen Tagesablauf eines Menschen, so werden Sie feststellen, dass jeder im Verlaufe eines normalen Tages viele sachenrechtliche Geschäfte tätigt. Jede Teilnahme am Wirtschaftsleben, beginnend beim morgendlichen Einkauf, über Ihren Bistrobesuch am Mittag, den Bücherkauf am Nachmittag im Jurashop und den Kinobesuch am Abend, ist mit einem Wechsel des Eigentums an verschiedenen Sachen – Ware wie Geld – verbunden. Dabei macht man sich normalerweise keine Gedanken darüber, ob die erworbene Sache auch tatsächlich dem Veräußerer gehört. Die Zahl der lebensnotwendigen Geschäfte verhindert auch, dass man jeweils akribische Nachforschungen darüber anstellen könnte, ob man nun vom Berechtigten oder Nichtberechtigten erwirbt. Bei den meisten Geschäften werden Leistung und Gegenleistung sofort ausgetauscht.
Ausgehend von dem bisher von uns erarbeiteten Stoff führt dies aufgrund des Ab-
straktionsprinzipes zu folgender Konsequenz in den Fällen, in denen z.B. die veräußerte Sache dem Veräußerer selbst nicht gehört und dieser auch nicht gem. § 185 Abs. 1 ermächtigt ist: Während der Erwerber die Gegenleistung (z.B. den Kaufpreis) durch wirksame Übereignung an den Veräußerer verliert, erlangt er das Eigentum an der Kaufsache von dem Veräußerer gem. § 929 S. 1 deshalb nicht, weil dieser Nichtberechtigter ist und die Ermächtigung gem. § 185 Abs. 1 nicht vorliegt.
Zwar stehen dem Erwerber in dieser Situation (hier nicht näher zu erläuternde) Rückforderungsansprüche hinsichtlich seines gezahlten Kaufpreises zu, es bliebe aber die oft erhebliche Schwierigkeit der tatsächlichen Durchsetzung eines solchen Anspruches.
Der Gesetzgeber hat diesen Konflikt dadurch gelöst, dass er im weiten Umfang auch einen gutgläubigen Erwerb vom Nichtberechtigten zulässt. Lesen Sie dazu bitte § 932!
Der Grundfall des Erwerbes vom Nichtberechtigten setzt nach § 932 Abs. 1, 2 folgende Tatbestandsmerkmale voraus:
Es muss sich um den Erwerb einer beweglichen Sache handeln.
Der Erwerb muss im Wege des § 929 S. 1 geschehen sein, das heißt, der nichtberechtigte Veräußerer muss unmittelbarer Besitzer gewesen sein und den unmittelbaren Besitz auch dem Erwerber übertragen haben, wobei beide über den Eigentumsübergang einig gewesen sein müssen; also Einigung und unmittelbare Übergabe müssen gem. § 929 S. 1 in Ordnung sein.
Der Erwerber darf das fehlende Eigentum des Veräußerers weder gekannt haben noch darf ihm infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben sein, dass die Sache dem Veräußerer nicht gehört.
Liegen diese Voraussetzungen einer Übereignung gem. §§ 929 S. 1, 932 Abs. 1, Abs. 2 vor, so geht trotz fehlender Berechtigung des Veräußerers das Eigentum auf den Erwerber über. (Zu § 935 gleich noch ein Wort.)
Der hinsichtlich der Berechtigung gutgläubige Erwerber erwirbt das Eigentum also durch die Verfügung des nichtberechtigten Veräußerers. Als Konsequenz verliert der bisherige Eigentümer sein Eigentum, er wird quasi enteignet.
Einen Ausgleich für diesen Rechtsverlust des wahren Eigentümers – hier Dampf – sieht das Gesetz in § 816 Abs. 1 S. 1 vor. Nach dieser Vorschrift muss derjenige, der als Nichtberechtigter verfügt und so den Rechtsverlust verursacht hat, also Adler, dem bisher Berechtigten, also Dampf, dasjenige herausgeben, was er durch die Verfügung seitens des Erwerbers – hier Diesel – erlangt hat, nämlich den Kaufpreis in Höhe von 300 €. Der juristische König Adler, der 300 € für etwas erlangt hat, das ihm gar nicht gehörte, muss an den juristischen Bettelmann Dampf, der das Eigentum gem. §§ 929, 932 verloren hat, ohne etwas dafür zu erlangen, den Kaufpreis herausgeben. Gerechter Ausgleich!
Nach diesen Überlegungen können wir den „Lok-Fall“ lösen.
Ein Eigentumserwerb des Diesel nach §§ 929, 164 Abs. 1 oder §§ 929, 185 Abs. 1 oder §§ 929, 185 Abs. 2, 1. Fall scheidet aus, da Adler weder als rechtsgeschäftlicher Vertreter des Dampf in fremdem Namen, noch mit dessen Ermächtigung im eigenen Namen gehandelt noch Dampf die Eigentumsübertragung des Adler genehmigt hat.
Diesel könnte daher das Eigentum nur im Wege des gutgläubigen Erwerbs nach §§ 929 S. 1, 932 Abs. 1, 2 erworben haben. Eine Einigung zwischen Adler als Nichtberechtigtem und Diesel als Erwerber über den Eigentumsübergang liegt vor. Adler hat Diesel auch den unmittelbaren Besitz an dem Lok-Modell verschafft. Über die fehlende Berechtigung des Adler als Eigentümer könnte der gute Glaube des Diesel hinweg helfen. Zu prüfen bleibt, ob Diesel gutgläubig gewesen ist. Die fehlende Eigentümerstellung des Adler war ihm nicht bekannt, so dass nur noch der Frage nachzugehen ist, ob seine Unkenntnis auf grober Fahrlässigkeit beruht. Grobe Fahrlässigkeit liegt dann vor, wenn jemand in besonders großem Maße die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt. Mit anderen Worten kann man von grober Fahrlässigkeit im Rahmen von § 932 Abs. 2 dann ausgehen, wenn sich dem Erwerber aus den Umständen des Einzelfalles die Vermutung aufdrängen musste, dass er die Einigung mit dem Nichteigentümer vornimmt. Im vorliegenden Fall ist dabei zu berücksichtigen, dass Diesel ein Lok-Modell in einem entsprechenden Geschäftslokal erworben hat. Da die Reparatur abgeschlossen war und Adler die Lok lediglich ausgestellt hatte, mussten sich für einen vernünftigen Betrachter keine Zweifel an der Eigentümerstellung des Adler aufdrängen. Aber selbst dann, wenn Diesel gemerkt hätte, dass Adler das Modell repariert hat, muss daraus nicht zwangsläufig der Schluss auf fehlendes Eigentum nahe liegen. Es sind nämlich Fälle denkbar, in denen Modell-Spielwarenhändler defektes Spielzeug aufkaufen, restaurieren und anschließend – als Eigentümer – weiterveräußern. Im Ergebnis ist daher die Gutgläubigkeit von Detlef Diesel zu bejahen.
Detlef Diesel hat deswegen das Lok-Modell gem. §§ 929 S. 1, 932 Abs. 1, 2 zu Eigentum erworben.
Hinweisen möchte ich Sie noch darauf, dass der gutgläubige Erwerb in den Fällen des § 935 nicht in Betracht kommt: Nach § 935 Abs. 1 S. 1 dieser Vorschrift scheidet die Anwendung des § 932 dann aus, wenn die Sache dem Eigentümer gestohlen worden, verlorengegangen oder sonst wie abhanden gekommen war. In diesen Fällen erkennt das Gesetz also – abgesehen von der Ausnahmevorschrift des § 935 Abs. 2 – eine größere Schutzwürdigkeit des bisherigen Eigentümers an.
Ein gutgläubiger Erwerb vom Nichtberechtigten setzt demnach voraus, dass der ursprüngliche Eigentümer den unmittelbaren Besitz an der Sache vorher mit seinem Willen aus der Hand gegeben hat. Der Eigentümer muss die Sache also vermietet, verliehen oder aus sonstigen Gründen freiwillig einem Dritten überlassen haben; nur dann verdient er nach Auffassung unseres Gesetzgebers keinen Schutz (s.u. „E-D-K-Fälle“).
Die Rückwirkung der Genehmigung und ihre Durchbrechung
Ist das zweiseitige Rechtsgeschäft, das der Einwilligung oder der Vertretungsmacht bedurfte, ohne diese Voraussetzungen vorgenommen worden, so ist es bekanntlich schwebend unwirksam gem. §§ 108 Abs. 1, 177 Abs. 1. Der Zustand der schwebenden Unwirksamkeit wird durch die Genehmigung geheilt. Das Rechtsgeschäft wird mit ihrer Erteilung voll wirksam.
Bei einseitigen Rechtsgeschäften tritt dagegen, wie wir schon gesehen haben, grundsätzlich die Rechtsfolge der Nichtigkeit ein (z.B. §§ 111, 180); hier duldet die Rechtsordnung keinen Schwebezustand.
Dabei wirkt nach § 184 Abs. 1 die Genehmigung grundsätzlich auf den Zeitpunkt der Vornahme des genehmigten Rechtsgeschäftes zurück. Der gebildete Jurist spricht hier von einer „Ex-tunc-Wirkung“ (lat.: ex, d.h. aus; tunc, d.h. damals). Von der Genehmigung ab wird das Rechtsgeschäft also so bewertet, als sei es bereits von Anfang an wirksam gewesen. Durch § 184 Abs. 1 letzter Halbsatz wird klargestellt, dass der Genehmigende die Rückwirkung seiner Erklärung auch ausschließen kann.
Diese Rückwirkung wirft jedenfalls solange keine besonderen Fragen auf, wie der Genehmigende in der Zeit zwischen dem Abschluss des Rechtsgeschäfts und dem späteren Wirksamwerden der Genehmigung – also in der „Schwebe“ – keine anderweitigen Verfügungen über den Gegenstand getroffen hat. Hat also z.B. der vollmachtlos vertretene Veräußerer zwischen dem Abschluss der Übereignung durch den Vertreter ohne Vertretungsmacht und seiner nachfolgenden Genehmigung nicht anderweitig über die Kaufsache verfügt, so wird mit seiner Genehmigung die Übereignung rückwirkend in dem Zeitpunkt wirksam, in dem sie vorgenommen worden ist.
Anders ist es aber, wenn Verfügungen in der Zeit zwischen „Abschluss“ und „Genehmigung“, also während „der Schwebe“, vorliegen. Dazu kann es insbesondere kommen, wenn der „vertretene“ Veräußerer, von dessen Genehmigung die Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts abhängt, von dem Rechtsgeschäft gar nichts weiß, wenn also der „Vertreter“ nicht nur seine Vollmacht überschreitet, sondern gar keine Vollmacht hat.
Als Zwischenverfügung kommen alle Arten von Verfügungen in Betracht wie z.B. die Verpfändung, aber auch die Übereignung (vgl. dazu das anschließende Beispiel).
Für diese Fälle ordnet § 184 Abs. 2 an, dass Verfügungen des Genehmigenden, die dieser vor der Genehmigung über den Gegenstand des Rechtsgeschäfts getroffen hat, durch die Rückwirkung der Genehmigung nicht unwirksam werden.
Achtung! Die Einwilligung zu einseitigen Rechtsgeschäften!
Die Diagramme a., b. und c. sollen Ihnen Bekanntes im Zusammenhang abrufbar machen.