Erteilung der Vollmacht
Grundsätzlich kann jeder nach seinem Belieben darüber entscheiden, ob und in welchem Umfange eine andere Person für ihn Rechtsgeschäfte vornehmen darf. Das Selbstbestimmungsrecht der Person umfasst auch die Befugnis, einen anderen zu bevollmächtigen und zu bestimmen, in welchem Umfang der andere für ihn rechtsgeschäftlich tätig werden darf.
Die Vollmachterteilung selbst ist ein einseitiges, §§ 167 Abs. 1, 166 Abs. 2, grundsätzlich nicht formbedürftiges Rechtsgeschäft, § 167 Abs. 2. Als einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung wird sie mit Zugang wirksam, der Erklärungsempfänger, also der zu Bevollmächtigende, braucht dementsprechend keine Einverständniserklärung mit der Vollmachterteilung abzugeben.
● Die Vollmachterteilung kann gem. § 167 Abs. 1, 1. Alt. in der Weise erfolgen, dass der Vollmachtgeber, der auch Geschäftsherr genannt wird, gegenüber dem Vertreter die Vollmacht erteilt. Wir sprechen dann von einer sog. Innenvollmacht, da der zukünftige Geschäftspartner des Geschäftsherrn von der Erteilung der Vollmacht nichts weiß. Beispielhaft dafür ist unser oben erörterter Fall d) gewesen.
● Ebenso ist es jedoch möglich, als Vertretener gegenüber dem künftigen Geschäftspartner die Bevollmächtigung des Vertreters zu erklären, § 167 Abs. 1, 2. Alt. In diesem Fall liegt eine sog. Außenvollmacht vor.
Beispiel: A ruft beim Kraftfahrzeughändler C an und teilt ihm mit, am nächsten Tag werde B, ein Bekannter des A, vorbei sehen, um für A dort einen guten Gebrauchtwagen zu erwerben.
Mit der Erteilung der Vollmacht legt der Geschäftsherr auch den Umfang der Berechtigung fest, für ihn Rechtsgeschäfte zu tätigen.
Im Ausgangsfall d. hat A dem B Vollmacht zum Erwerb eines „gut erhaltenen Porsche“ erteilt. Im Rahmen der so erteilten Vollmacht hätte B also mit Wirkung gegen A keinen Wagen erwerben können, der erhebliche Durchrostungen aufweist, ein defektes Getriebe hat oder überhaupt nicht mehr fahrbereit ist. Genauso konnte A dem B auch im Hinblick auf den Kaufpreis eine Höchstsumme vorgeben, nämlich 30.000 €. Hätte B dann ein Fahrzeug zum Preise von 40.000 € gekauft, so hätte er sich ebenfalls nicht im Rahmen der erteilten Vollmacht bewegt.
Bei der Prüfung, ob ein Geschäft für und gegen den Geschäftsherrn wirkt, müssen Sie also nicht nur prüfen, ob überhaupt eine Vollmacht erteilt worden ist, es hängt auch davon ab, ob das vom Vertreter vorgenommene Rechtsgeschäft sich in den Grenzen der erteilten Vollmacht hält. Tut es dies nicht, so tritt die Rechtsfolge des § 164 Abs. 1 genauso wenig ein, wie in den Fällen, in denen jemand nicht im Namen des Vertretenen handelt oder überhaupt keine Vollmacht erteilt worden ist.
Aus der bisherigen Darstellung ergibt sich, dass sich die Vollmacht lediglich darauf bezieht, dem Vertreter nach außen die Befugnis zur Vornahme von Rechtsgeschäften für den Vertretenen einzuräumen.
Die Bevollmächtigung bestimmt inhaltlich dagegen nicht darüber, ob der Vertreter auch verpflichtet ist, für den Vertretenen das Rechtsgeschäft abzuschließen, ob er dies entgeltlich oder unentgeltlich tun muss oder ob er über die Ausführung der mittels der Vollmacht getätigten Rechtsgeschäfte gegenüber dem Geschäftsherrn Rechenschaft zu legen hat. Alle diese Fragen berühren nämlich ausschließlich das sog. Innenverhältnis zwischen dem Vollmachtgeber und dem Vertreter.
Nach dem Abstraktionsprinzip, das Sie bereits kennen gelernt haben, ist dieses Innenverhältnis strikt vom Außenverhältnis zwischen dem Vertreter und dem Geschäftsgegner zu unterscheiden. Die Vollmacht bezieht sich lediglich auf das Außenverhältnis; die Rechte zwischen dem Geschäftsherrn und dem Vertreter im Innenverhältnis werden dagegen nach dem der Vollmachterteilung zugrunde liegenden Rechtsgeschäft, dem Kausalgeschäft, bestimmt.
Als Kausalgeschäft kommt dabei jedes Verpflichtungsgeschäft in Betracht, das auf die Vornahme von Tätigkeiten für einen anderen gerichtet ist.
Das BGB kennt insoweit für das Innenverhältnis
den Arbeits- bzw. Dienstvertrag, § 611 ff.,
einen Auftragsvertrag, § 662 ff.,
oder einen Geschäftsbesorgungsvertrag, § 675.
Die Vollmacht ist von dem zugrunde liegenden Rechtsgeschäft losgelöst, abstrakt „abgezogen“. Der Auftrag gem. § 662, der Dienstvertrag gem. § 611 oder auch ein Geschäftsbesorgungsvertrag gem. § 675 sind die Causa für die Vollmacht. Warum diese Klimmzüge?
Beispiel: Die ältere gehbehinderte Gräfin Maria von Schneppen-Hohenfels vereinbart mit dem 17-jährigen Gymnasiasten Josef, dass er ihr gegen ein Entgelt von 150 € je Monat bei ihren Besorgungen behilflich sein solle. Einige Tage später kauft Josef im Auftrag der Gräfin, die von diesen Dingen nichts versteht, bei dem Händler V ein Farbfernsehgerät, wobei er ausdrücklich im Namen der Gräfin auftritt. Als V das Gerät abliefern will, verweigert die Gräfin die Annahme, denn inzwischen hatten die Eltern des Josef ihr gegenüber erklärt, dass sie mit den Dienstleistungen ihres Sohnes für die Gräfin nicht einverstanden seien. Hat V gegen die Gräfin einen Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises?
Voraussetzung für einen Anspruch aus § 433 Abs. 2 ist, dass ein Kaufvertrag zwischen der Gräfin (G) und V zustande gekommen ist. Unmittelbare Vertragsverhandlungen haben zwischen G und V nicht stattgefunden. Die Erklärungen des Josef könnten aber unmittelbar für und gegen die Gräfin wirken, wenn Josef die Gräfin nach § 164 Abs. 1, Abs. 3 wirksam vertreten hat.
Josef hat bei der Auswahl des Fernsehgerätes selbständig gehandelt, also eine eigene Willenserklärung abgegeben. Seine beschränkte Geschäftsfähigkeit steht der Abgabe einer eigenen Willenserklärung gem. § 165 nicht entgegen. Er hat die Willenserklärung offen im Namen der Gräfin abgegeben und demnach in fremdem Namen gehandelt.
Josef müsste aber auch Vertretungsmacht gehabt haben. Dies setzt eine entsprechende Bevollmächtigung der Gräfin gegenüber Josef oder gegenüber V voraus, §§ 166 II, 167 Abs. 1. In diesem Fall hat die Gräfin Josef beauftragt, den Farbfernseher zu kaufen. Bei diesem „Auftrag“ handelt es sich nicht um einen selbständigen Vertrag gem. § 662 (Auftragsvertrag), sondern um eine konkrete Weisung innerhalb des zwischen der Gräfin und Josef vereinbarten Dienstverhältnisses gem. § 611. In dieser Weisung liegt zugleich konkludent die Erteilung der (Innen-)Vollmacht zum Abschluss eines entsprechenden Kaufvertrages (§§ 166 Abs. 2, 167 Abs. 1, 1. Alt.).
Die Vollmachterteilung stellt eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung dar. Hier ist sie gegenüber einem Minderjährigen erfolgt, so dass sie nur unter den Voraussetzungen des § 131 Abs. 1, Abs. 2 wirksam werden konnte. Die Vollmacht erweitert die Befugnis des Minderjährigen zu rechtsgeschäftlichem Handeln, bringt ihm aber keinen rechtlichen Vorteil, der ihm selbst zugute käme. Somit wäre die Ausnahmevorschrift des § 131 Abs. 2 S. 2 1. Fall nicht anwendbar. Wie Sie wissen, erzeugt die Vollmachterteilung aber auch keine Pflichten für den Minderjährigen, ist ihm also auch nicht rechtlich nachteilig, sie stellt vielmehr ein neutrales Geschäft dar. Dies rechtfertigt es, die Vorschrift des § 131 Abs. 2 S. 2 1. Fall auf den vorliegenden Tatbestand entsprechend anzuwenden. Somit ist Josef wirksam zum Abschluss des Kaufvertrages bevollmächtigt gewesen.
Zu prüfen bleibt noch, welche Auswirkung die Erklärung der Eltern, sie seien mit dem Dienstvertrag zwischen Josef und der Gräfin nicht einverstanden, auf das Bestehen der Vollmacht hat. Der zwischen Josef und der Gräfin geschlossene Dienstvertrag (§ 611) sollte Josef zu Diensten verpflichten und war damit gem. § 108 Abs. 1 zunächst schwebend unwirksam. Die Eltern des Josef haben die Genehmigung gegenüber der Gräfin verweigert (§§ 184 Abs. 1, 182 Abs. 1), so dass der Vertrag endgültig unwirksam geworden ist. Wegen des darlegten Abstraktionsprinzipes ändert dieses Ergebnis der Unwirksamkeit des Kausalgeschäfts aber nun nichts daran, dass die Vollmacht zum Kauf des Fernsehgerätes wirksam erteilt worden ist, denn die Vollmacht ist in ihrem Entstehen von dem zugrunde liegenden Kausalgeschäft, also dem Dienstvertrag, losgelöst (ab-strakt).
Josef war in der Auswahl des Gerätes durch den Umfang der erteilten Vollmacht auch nicht beschränkt, so dass er auch innerhalb der Grenzen der ihm zustehenden Vollmacht gehandelt hat. Die Voraussetzungen des § 164 Abs. 1, 3 sind somit erfüllt, § 433 Abs. 2 ist mithin schlüssig.
Bevor wir weitermachen, sollten wir schnell unserem Ausgangsfall d. den Garaus machen.
I. C könnte von A gem. § 433 Abs. 2 Zahlung von 17.000 € verlangen.
Das setzt einen Kaufvertrag zwischen C und A voraus.
Unmittelbare Vertragsverhandlungen haben zwischen C und A nicht stattgefunden. B hat sich mit C geeinigt und die zum Zustandekommen des Kaufvertrages notwendigen Willenserklärungen abgegeben. A wäre aber verpflichtet, den Kaufpreis zu zahlen, wenn B ihn gegenüber C gem. § 164 Abs. 1, 3 wirksam vertreten hätte.
Das setzt voraus: 1. Vertretung ist zulässig – 2. B hat eigene Willenserklärung abgegeben – 3. B hat im Namen des A gehandelt – 4. B hatte von A gem. §§ 166 Abs. 2, 167 Abs. 1 1. Alt. eine wirksame Innenvollmacht.
Also treffen die Rechtsfolgen gem. § 164 Abs. 1, 3 den Geschäftsherren A.
Also ist ein Kaufvertrag zwischen C und A gem. §§ 433, 164 Abs. 1, Abs. 3, 166 Abs. 2, 167 Abs. 1 zustande gekommen.
Also kann C von A gem. § 433 Abs. 2 Zahlung von 17.000 € verlangen.
II. Interessante weiterführende Frage: Könnte C statt des Kaufpreises auch Herausgabe des Porsche verlangen?
AGL: § 985. Das setzt zunächst voraus, dass C Eigentümer ist.
Aber § 929 S. 1 von C an A?
1. Einigung über §§ 164 Abs. 1, Abs. 3, 166 Abs. 2, 167 Abs. 1 S. 1
2. Übergabe entweder über § 855: B ist Besitzdiener des A. Oder über §§ 868, 662: A ist mittelbarer Besitzer, was für § 929 S. 1 ausreicht
Erlöschen der Vollmacht
Die Regelungen über das Erlöschen der Vollmacht finden Sie exklusiv in § 168. Nach dieser Vorschrift erlischt die Vollmacht mit Wirkung für die Zukunft (ex nunc), wenn
● das der Vollmachterteilung zugrunde liegende Rechtsgeschäft (Kausalgeschäft) erlischt, § 168 S. 1, oder
● die Vollmacht einseitig widerrufen wird, § 168 S. 2.
Neben diesen beiden im Vollmachtsrecht selbst geregelten Möglichkeiten ist unter weiteren Umständen ein Erlöschen der Vollmacht möglich.
● Eine Beendigung kommt nach dem Inhalt der erteilten Vollmacht in Betracht, insbesondere dadurch, dass die Vollmacht durch den Abschluss bzw. die Unmöglichkeit des Abschlusses des Vertretergeschäftes verbraucht worden ist; sie hat sich erledigt!
● Nach § 165 muss der Eintritt der Geschäftsunfähigkeit (§ 104 Nr. 2) des Bevollmächtigten logischerweise zum Erlöschen der Vollmacht führen.
● Schließlich erlischt die Vollmacht in der Regel auch mit dem Tode des Bevollmächtigten analog § 673.
Mit den Einzelheiten der Erlöschenstatbestände des § 168 wollen wir uns im Folgenden etwas näher beschäftigen. Es gilt aber festzuhalten: Eine wirksame Vollmacht bedarf ihrer wirksamen Entstehung und ihres Fortbestehens zum Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts.
Erlöschen des der Vollmacht zugrunde liegenden Rechtsgeschäfts
Mit Beendigung des der Vollmacht zugrunde liegenden Arbeits-, Dienst-, Geschäftsbesorgungsvertrages oder Auftrages erlischt auch die Vollmacht, § 168 S. 1. Diese gesetzliche Bestimmung stellt eine Durchbrechung des bei der Erteilung und dem Umfang der Vollmacht geltenden Abstraktionsprinzipes dar.
Beispiel 1: Speich befördert seinen Angestellten Sprinter zum Leiter der Einkaufsabteilung und erteilt ihm entsprechende Vollmachten. Als Speich von Unregelmäßigkeiten in der Abteilung des Sprinter hört, verbietet er ihm, Verträge abzuschließen, belässt ihn aber in seiner Dienststellung. Dennoch schließt Sprinter mit der Firma Tretmühle, die vom Entzug der Vollmacht nichts weiß, im Namen des Speich einen Kaufvertrag ab und verschwindet anschließend mit der angelieferten Ware. Ist Speich aus dem Vertrag verpflichtet?
Die Firma Tretmühle könnte gegen Speich einen Anspruch aus § 433 Abs. 2 auf Bezahlung der gelieferten Ware haben. Die entsprechende kaufvertragliche Einigung ist jedoch nicht zwischen Speich und Tretmühle erklärt worden, so dass eine Verpflichtung des Speich nur dann in Betracht kommt, wenn die Voraussetzungen einer wirksamen Stellvertretung nach § 164 Abs. 1, 3 vorliegen.
Sprinter hat die zum Kaufvertragsschluss führenden Willenserklärungen ausdrücklich im Namen des Speich abgegeben und hatte dabei auch eigene Entscheidungsfreiheit. Zur wirksamen Verpflichtung des Speich müsste er aber auch mit Vertretungsmacht gehandelt haben. Hier hatte Speich dem Sprinter verboten, weiter Verträge abzuschließen. Darin liegt ein Widerruf gem. § 168 S. 2 der ursprünglich erteilten Vertretungsmacht in Form einer Vollmacht. Gem. § 168 S. 3 erfolgt der Widerruf entsprechend den Vorschriften des § 167 Abs. 1, also durch einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, die entweder gegenüber dem Bevollmächtigten (§§ 168 S. 3, 167 Abs. 1 1.Alt.) oder gegenüber dem Dritten (§§ 168 S. 3, 167 Abs. 1 2.Alt.) abgegeben werden kann. Nach § 168 S. 2 ändert das Fortbestehen des Dienstvertrages zwischen Speich und Sprinter an der Widerruflichkeit der Vollmacht nichts. Speich hat daher durch entsprechende Weisung gegenüber Sprinter die diesem erteilte Vollmacht wirksam widerrufen. Sprinter hat beim Vertragsabschluss gegenüber der Firma Tretmühle ohne Vertretungsmacht gehandelt, so dass ein Anspruch aus § 433 Abs. 2 der Firma Tretmühle gegenüber Speich nicht besteht.
Beispiel 2: Wie ist im vorigen Fall zu entscheiden, wenn Speich den Sprinter wegen Diebstahls fristlos entlässt, § 626, ohne dass dabei über die erteilte Vollmacht ein Wort gesprochen wird, Sprinter aber auch in diesem Falle den Vertrag mit der Firma Tretmühle noch abschließt?
Auch hier kommt als Anspruchsgrundlage § 433 Abs. 2 in Betracht. Auch hier müssen, um zu einer wirksamen Verpflichtung des Speich zu gelangen, die Voraussetzungen des § 164 Abs. 1 und 3 vorliegen.
Auch in dieser Fallalternative liegt das Problem ausschließlich in der Frage der Vertretungsmacht des Sprinter, denn wie bereits oben dargestellt, hat Sprinter die auf den Kaufvertragsschluss zielenden Willenserklärungen im Namen des Speich abgegeben und entgegengenommen. Die Frage, ob Sprinter insofern Speich vertreten durfte, also Vertretungsmacht hatte, ist hier nach § 168 S. 1 zu beurteilen. Sprinter ist hier von Speich mit den notwendigen Vollmachten für die Leitung der Einkaufsabteilung deshalb ausgestattet worden, weil ein entsprechender Dienstvertrag zwischen Sprinter und Speich bestand. Durch die fristlose Kündigung des Dienstvertrages, deren Wirksamkeit wir hier ohne nähere arbeitsrechtliche Prüfung unterstellen wollen, ist die an den Dienstvertrag gekoppelte Vollmachterteilung automatisch erloschen, § 168 S. 1. Sprinter hat also auch hier ohne Vertretungsmacht gehandelt, so dass es keinerlei Ansprüche zwischen der Firma Tretmühle und dem von Sprinter vertretenen Speich gibt.
Fälle dieser Art werfen die berechtigte Frage auf, ob und inwieweit der Geschäftspartner, hier also die Firma Tretmühle, in seinem Vertrauen auf das Bestehen einer Vollmacht geschützt ist. Mit diesem schillernden Problemkreis wollen wir uns weiter unten beschäftigen.
Vergleichen Sie nun bitte die zu diesem Fall gefundene Lösung mit unseren Erörterungen zum Fall mit der Gräfin Maria von Schneppen-Hohenfels und ihrem Josef.
Der Unterschied zwischen beiden Fällen liegt darin, dass es im „Gräfinnen-Fall“ um die Frage des wirksamen Entstehens der Vollmacht ging, wobei das Problem darin lag, dass das für die Erteilung der Vollmacht maßgebliche Kausalgeschäft (Dienstvertrag zwischen Josef und der Gräfin) unwirksam war. Im Kündigungs-Falle dagegen ging es um die Frage, ob die Beendigung eines einmal wirksam abgeschlossenen Kausalverhältnisses die aufgrund dieses Rechtsgeschäftes erteilte Vollmacht beeinflussen soll oder nicht. Hinsichtlich des Entstehens der Vollmacht gilt das Abstraktionsprinzip, hinsichtlich des Erlöschens der Vollmacht ist es wegen § 168 S. 1 durchbrochen.
Daraus ergibt sich folgender Grundsatz: In ihrem Entstehen ist die Vollmacht von dem zugrunde liegenden Rechtsgeschäft unabhängig, § 167 – in ihrem Fortbestehen richtet sie sich nach dem zugrunde liegenden Rechtsgeschäft, § 168.
Widerruf der Vollmacht
Lesen Sie bitte nochmals § 168 S. 2 genau! Wir haben uns mit dieser Vorschrift bislang nur unter dem Aspekt beschäftigt, dass auch bei Fortbestehen des Kausalgeschäftes ein Widerruf der Vollmachterteilung möglich ist. Das Gesetz schränkt diese Widerrufs-möglichkeit jedoch selbst ein, indem es bestimmt, dass der Widerruf nur möglich sein soll, „sofern sich nicht aus diesem (dem Grundgeschäft) ein anderes ergibt“. Gemeint ist mit dieser Einschränkung logischerweise die Vereinbarung der Unwiderruflichkeit der Vollmacht. Nach der gesetzlichen Bestimmung kann sich eine solche Unwiderruflichkeit aus dem Grundverhältnis selbst ergeben, etwa dann, wenn man einen unwiderruflichen Auftrag erteilt. Eine isolierte Unwiderruflichkeit der Vollmacht kann aber auch auf einer vertraglichen Vereinbarung zwischen dem Vollmachtgeber und dem Bevollmächtigten beruhen. Eine solche Vereinbarung ist aber nur dann wirksam, wenn der Bevollmächtigte ein besonderes Eigeninteresse an der Bevollmächtigung hat, das demjenigen des Vollmachtgebers zumindest gleichwertig ist. Bei einer ausschließlich oder überwiegend im Interesse des Vollmachtgebers erteilten Vollmacht, ist eine Unwiderruflichkeitsvereinbarung dagegen unwirksam.
Beispiel: K hat von G ein Grundstück wirksam gekauft, §§ 433, 311 b Abs. 1 S. 1. Um den Eigentumsübergang möglichst unproblematisch vornehmen zu können, erteilt G dem K nunmehr unter Befreiung vom Verbot des § 181 unwiderruflich Vollmacht, das Grundstück an sich aufzulassen.
K soll danach als Vertreter des G mit sich selbst die Einigung erklären (zur besonderen Problematik des § 181 sogleich unter 4.5.). K hat hier in gleicher Weise wie G ein Interesse an der Erfüllung des Kaufvertrages. Dies ist als rechtfertigender Grund für die Vereinbarung der Unwiderruflichkeit der Vollmacht ausreichend. G könnte also, da er einmal „unwiderruflich“ Vollmacht erteilt hat, K durch Widerruf der Vollmacht nicht mehr daran hindern, die Auflassung vorzunehmen. (Zur Form später!)
Schutz Dritter bei nicht entstandener oder erloschener Vollmacht (fiktive Vollmacht)
Kommen wir zurück zu unseren letzten beiden Fällen mit Speich und Sprinter. Wir hatten uns dort bereits die Frage vorgelegt, ob und ggf. wie ein Geschäftspartner, der auf das Bestehen einer Vollmacht vertraut, vom Gesetz geschützt wird, wenn der Geschäftsherr die Vollmacht einseitig widerruft (§ 168 S. 2) oder das der Vollmachterteilung zugrunde liegende Kausalgeschäft beendet hat (§ 168 S. 1). Diese Frage wird von den §§ 170 bis 173 geregelt.
Aus dem Zusammenspiel dieser Vorschriften lässt sich Folgendes ableiten:
● Der gute Glaube an das Bestehen oder Fortbestehen oder den Umfang einer Vollmacht wird grundsätzlich nicht geschützt.
● Die §§ 170 bis 173 durchbrechen diesen Grundsatz. Lediglich für die dort ausdrücklich aufgeführten Einzelfälle wird der gute Glaube ausnahmsweise geschützt. Die den Bestimmungen gemeinsame Rechtsfolge und deren unterschiedliche tatbestandsmäßigen Voraussetzungen lassen sich – grob gesprochen – auf einen gemeinsamen Nenner bringen: Das Gesetz schützt den Vertragspartner nur dann
wenn der Geschäftsherr den Schein einer wirksamen Bevollmächtigung setzt
und es versäumt, diesen Schein nach Erlöschen der Vollmacht wieder zu beseitigen.
Was damit gemeint ist, soll anhand einiger Beispiele verdeutlicht werden:
Beispiel 1: Speich hatte die Bevollmächtigung seines Einkaufsleiters damals gegenüber der Firma Tretmühle erklärt. Nach der fristlosen Kündigung versäumt es Speich, die Firma Tretmühle über das Ausscheiden des Einkaufsleiters zu informieren.
Hier ist die Vollmacht nach § 168 S. 1 erloschen. Speich hat jedoch hier Vertretungsmacht nach § 167 Abs. 1 2. Alt. in Form einer Außenvollmacht erteilt. Daher findet die Bestimmung des § 170 Anwendung, nach der der Schein der einmal wirksam erteilten Vollmacht solange fortgilt, bis dem Geschäftsgegner das Erlöschen der Vollmacht vom Vollmachtgeber angezeigt wird. Da Speich eine entsprechende Anzeige an die Firma Tretmühle hier versäumt hat, gilt zugunsten der Firma Tretmühle gem. § 170 die Vollmacht als fortbestehend bis zu dem Zeitpunkt, zu dem Speich das Erlöschen der Vollmacht der Firma Tretmühle zur Kenntnis bringt.
§ 170 betrifft immer die Außenvollmacht.
Beispiel 2: Speich hat seinem Angestellten wirksam Innenvollmacht erteilt. Im Anschluss daran hat er sämtliche Geschäftspartner angeschrieben und von der Vollmachterteilung in Kenntnis gesetzt. Auch hier versäumt es Speich, das Ausscheiden seines Angestellten in gleicher Weise mitzuteilen.
Hier gilt über die bereits dargestellte Rechtsfolge des § 170 hinaus auch die Bestimmung des § 171, denn Speich hat durch besondere Mitteilungen von der Erteilung der Vollmacht Kenntnis gegeben. Auch dann gilt zugunsten der so in Kenntnis gesetzten Geschäftspartner des Speich die Vollmacht als fortbestehend, bis eine gegenteilige Mitteilung erfolgt. Nach § 171 Abs. 2 ist Speich sogar gehalten, das Erlöschen der Vollmacht in derselben Weise mitzuteilen, in der auch die Erteilung der Vollmacht kundgegeben worden ist. Als Konsequenz müsste Speich also an alle Geschäftspartner ein entsprechendes Schreiben richten, durch das er sie vom Erlöschen der Vollmacht in Kenntnis setzt.
Beispiel 3: Speich hat bei der Ernennung zum Einkaufsleiter eine Vollmachturkunde ausgehändigt, die sein ehemaliger Angestellter Sprinter nach der Entlassung nicht zurückgibt, sondern der Firma Tretmühle bei Vertragsabschluss vorlegt.
Auch hier ist nach dem Ausscheiden des Angestellten gem. § 168 S. 1 die Vollmacht erloschen. Speich hat jedoch durch Ausstellung und Aushändigung der Vollmachturkunde einen Rechtsschein veranlasst, auf den die Firma Tretmühle vertraut hat. Dieses Vertrauen ist nach §§ 172, 171 geschützt, so dass sich Speich so behandeln lassen muss, als ob sein Angestellter noch Vertretungsmacht gehabt hätte.
§§ 171, 172 betreffen immer die Innenvollmacht.
Beispiel 4: Leo Listig (L) trifft nach seiner letzten Verurteilung wegen Zechbetruges in der Gaststätte „Zur letzten Instanz“ seinen Bekannten Berthold Blau (B). Blau ist
– nomen est omen – vollständig betrunken. Listig überredet Blau daraufhin, gegenüber dem Wirt Viktor Veltins (V) zu erklären, er, Blau, bevollmächtige den Listig, in seinem Namen so viele Lokalrunden zu bestellen, wie er möge. Listig nutzt die ihm übertragene Vertretungsmacht weidlich aus, so dass am Ende auf Blaus Deckel mehr als 100 € stehen, deren Bezahlung Veltins, der die ganze Geschichte mitbekommen hat, nunmehr von Blau verlangt.
Eine Grenze für diese „Rechtsscheinshaftung“ der §§ 170, 171 Abs. 2, 172 Abs. 2 besteht allerdings nach § 173 dann, wenn der Vertragspartner keines Schutzes würdig ist.
Für einen Anspruch des V gegen B aus § 433 Abs. 2 sind die entsprechenden kaufvertraglichen Willenserklärungen von L, der offen in B‘s Namen gehandelt hat, und V abgegeben worden. B wäre also dann gem. §§ 433 Abs. 2, 164 Abs. 1, 3 zur Bezahlung verpflichtet, wenn L mit Vertretungsmacht gehandelt hätte. Die auf die Erteilung einer Außenvollmacht gerichtete Willenserklärung des B nach § 167 Abs. 1 2.Alt. war jedoch nach § 105 Abs. 2 wegen der Volltrunkenheit des B nichtig. Es fragt sich jedoch, ob V nicht in seinem Vertrauen auf den Bestand der Vollmacht gem. § 170 zu schützen ist. Eine direkte Anwendung des § 170 scheidet aus, da diese Vorschrift nur das Vertrauen auf den Fortbestand einer wirksam erteilten Vollmacht schützt. Lesen Sie genau den Gesetzestext!
Die Vollmacht war jedoch hier infolge des § 105 Abs. 2 von Anfang an nichtig. Die §§ 170 bis 173 sind aber nach ihrem Schutzzweck entsprechend auch dann anzuwenden, wenn die Vollmachterteilung von vornherein nicht wirksam war. Da die Vollmacht hier in einer dem § 170 entsprechenden Weise erteilt worden ist, könnte sich V dementsprechend B gegenüber auf den Bestand der Vollmacht berufen und Zahlung verlangen.
Dieses Ergebnis erscheint ungereimt, da nach dem Sachverhalt V den zur Nichtigkeit der Willenserklärung führenden Umstand kannte. Die Konsequenz hieraus zieht § 173. Danach ist der Dritte in seinem Vertrauen auf das Bestehen der Vollmacht dann nicht geschützt, wenn er das Erlöschen der Vertretungsmacht bei der Vornahme des Rechtsgeschäftes kannte oder kennen musste. In entsprechender Anwendung von § 173 ist daher auch das Vertrauen des V, der den zum Nichtentstehen der Vollmacht führenden Grund kannte, nicht geschützt.
V hat daher gegen B keinen Anspruch aus § 433 Abs. 2.
Arten und Umfang der Vollmacht
Unsere bisherigen Erörterungen haben sich im Wesentlichen auf die Einzelvollmacht bezogen. Darunter verstehen wir die Befugnis, den Geschäftsherrn durch ein einzelnes, vorher genau bestimmtes Rechtsgeschäft zu verpflichten und zu berechtigen. Für diese Einzelvollmacht, die auch Spezialvollmacht genannt wird, gilt der Grundsatz, dass der Geschäftsherr Inhalt und Umfang der Vollmacht bestimmt.
Ein solches Bestimmungsrecht besteht auch bei der Artvollmacht, die sich im Gegensatz zur Spezialvollmacht nicht auf ein einziges bestimmtes Geschäft bezieht, sondern die Rechtsmacht zum Abschluss einer bestimmten Art von Geschäften verleiht. So haben regelmäßig die Verkäufer in einem Ladengeschäft vom Geschäftsinhaber die Befugnis, über sämtliche im Laden vorhandenen Waren Kaufverträge und Übereignungen mit Wirkung für und gegen den Geschäftsinhaber abzuschließen.
Die weitreichenste Art der Bevollmächtigung stellt die Generalvollmacht dar. Auch hier geht der Umfang der Vollmacht auf die Entscheidung des Vollmachtgebers zurück; bei Erteilung einer Generalvollmacht verleiht er dem Bevollmächtigten die Rechtsmacht, jede Art von Geschäften, soweit sie nicht höchstpersönlicher Natur sind, abzuschließen. Der Generalbevollmächtigte kann den Geschäftsherrn also in nahezu allen rechtsgeschäftlichen Erklärungen vertreten.
Von diesen Vollmachten unterscheiden sich diejenigen Bevollmächtigungen, bei denen der Umfang gesetzlich bestimmt ist. Solche typisierten Vollmachten kommen im Handelsrecht vor. Zum Schutz des Handelsverkehrs lässt man eine Beschränkung ihres Umfanges nicht zu, so dass sich der Geschäftsgegner grundsätzlich darauf verlassen kann, dass der Inhaber einer solchen Vollmacht auch zu den vom Gesetz für diese Art der Vertretungsmacht vorgesehenen Rechtsgeschäften befugt ist.
Die Entscheidung des Geschäftsherrn kann hier nur dahin gehen, eine solche typisierte Vollmacht zu erteilen – dann ist deren Umfang gesetzlich vorgeschrieben – oder eine nichttypisierte Vollmacht zu erteilen – dann kann er deren Umfang selbst bestimmen. Zu den typisierten Vollmachten zählt
die Prokura, die zu allen Geschäften berechtigt, die der Betrieb irgendeines Handelsgewerbes mit sich bringt (§§ 49, 50 HGB),
und die Handlungsvollmacht, deren Umfang sich nicht, wie bei der Prokura, nach den Handelsgeschäften allgemein, sondern danach richtet, welche Geschäfte gerade der Betrieb mit sich bringt, in dem diese konkrete Handlungsvollmacht erteilt wurde (§ 54 HGB).
Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch § 56 HGB, wonach der Ladenangestellte zum Verkauf der in dem Laden ausgestellten Waren bevollmächtigt ist. Zwischen der letztgenannten Vollmacht eines Ladenangestellten und der Vollmacht, die in unserem Beispiel zur Artvollmacht genannt wurde, besteht der wesentliche Unterschied, dass § 56 HGB nur dann Anwendung finden kann, wenn das Ladengeschäft Teil eines Handelsgewerbes ist.
Mehreren Personen kann eine Vertretungsmacht in der Weise gemeinschaftlich zustehen, dass nur alle zusammen oder doch nur einige von ihnen zusammen in der Lage sind, durch ihre Erklärungen Rechtsfolgen für den Vertretenen zu begründen. Sie sind dann Gesamtvertreter.
Einzelfälle der Gesamtvertretung finden Sie ebenfalls im Handelsrecht, insbesondere kann nach § 48 Abs. 2 HGB eine Prokura an mehrere gemeinschaftlich erteilt werden.
Gesamtvertretung ist auch die gesetzliche Vertretung des Kindes durch beide Elternteile, § 1629 Abs. 1 S. 2. Die mehreren Gesamtvertreter können in aktiver Stellvertretung, also bei der Abgabe von Willenserklärungen, grundsätzlich nur so handeln, dass sie alle – wenn auch nicht notwendig gleichzeitig – übereinstimmende Erklärungen gegenüber dem Geschäftsgegner abgeben. Häufig tritt jedoch dem Geschäftsgegner gegenüber nur einer der Gesamtvertreter auf (Mutter) und beruft sich auf die ihm intern erteilte Zustimmung des anderen (Vater). Eine solche Vorgehensweise ist dann gedeckt, wenn nach §§ 182, 183 alle anderen Vertreter (Vater) den Handelnden (Mutter) zur Vornahme des bestimmten Geschäfts ermächtigen.
Bei der passiven Stellvertretung ist eine solche Ermächtigung nicht notwendig. Hier hat sich der Grundsatz durchgesetzt, dass jeder Gesamtvertreter zur Empfangnahme einer Willenserklärung allein ermächtigt ist (so auch ausdrücklich § 1629 Abs. 1 S. 2, 2. Hs.).
Von der Gesamtvollmacht, bei der die Vertretungsmacht sich horizontal auf mehrere Personen erstreckt, ist die Untervollmacht zu unterscheiden, bei der sich die Vollmacht in vertikaler Richtung vervielfältigt. Die vom Geschäftsherrn selbst erteilte Vertretungsmacht bezeichnet man als Hauptvollmacht, die vom Bevollmächtigten ausgehende als Untervollmacht und den gesamten Vorgang der Erteilung einer Untervollmacht als Substitution. Ein Prokurist, der selber nur Bevollmächtigter des Geschäftsinhabers ist, darf zwar seine Prokura nicht übertragen (§ 52 Abs. 2 HGB), wohl aber einer anderen Person Handlungsvollmacht erteilen.
Bei Rechtsanwälten ist es üblich, im Rahmen der Prozessvollmacht (§ 81 ZPO) zum Beispiel einen ihm zur Ausbildung zugewiesenen Referendar mit der Wahrnehmung der einzelnen Gerichtsverhandlungen zu betrauen (Terminvertreter). Im Übrigen hängt es von der Auslegung der Hauptvollmacht ab, inwieweit der Hauptvertreter zur Substitution befugt ist. Hat der Vertretene erkennbar ein Interesse daran, dass das Rechtsgeschäft durch den Bevollmächtigten persönlich vorgenommen wird, so ist die Erteilung einer Untervollmacht unzulässig.
In rechtsfortbildender Rechtsschöpfung hat die Rechtsprechung über die §§ 170 bis 173 hinaus noch in analoger Anwendung des § 164 ff. die sogenannte
● Anscheinsvollmacht und
● Duldungsvollmacht entwickelt.
In bestimmten Fällen muss sich der „Vertretene“ aus Gründen des Vertrauensschutzes für den Geschäftsgegner so behandeln lassen, als habe der vollmachtlose Vertreter für ihn mit wirksamer Vollmacht gehandelt.
Zum einen ist das dann der Fall, wenn der „Vertretene“ vom Auftreten des Vertreters ohne Vertretungsmacht Kenntnis hatte und dies nicht verhindert, sondern bewusst duldet. Er hat also den Rechtsschein der „Vertretung“ bewusst gesetzt, und der „Partner“ hat auf diese „Duldungsvollmacht“ gutgläubig vertraut, weil er keinen Anlass hatte, an ihrer „Erteilung“ zu zweifeln.
Beispiel: Versicherungsgesellschaft G erteilt V Vermittlungsvollmacht, aber keine Abschlussvollmacht. V schließt mit X dennoch „Haftpflicht“ ab, die G zwar erfüllt, aber V rüffelt und ihn beauftragt, X darauf hinzuweisen , dass es sich um eine Ausnahme gehandelt habe. V unterlässt dies und schließt jetzt „Feuerschutz“ ab. X kann auf Erfüllung über eine „Duldungsvollmacht“ bestehen.
Zum anderen gilt das auch für eine sog. „Anscheinsvollmacht“. Der Unterschied zur Duldungsvollmacht besteht darin, dass der „Vertretene“ zwar auch den Rechtsschein zurechenbar gesetzt hat, dass er vom Auftreten des V aber nichts weiß (es also nicht wissentlich duldet), er aber bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte wissen müssen und verhindern können, dass ein Handeln des angeblichen Vertreters erfolgt.